Kapitel 2: Vollkommen angepasst

Wie komplex war die erste lebende Zelle, als sie vor etwa 3,8-4,0 Milliarden Jahren entstand? Und wie komplex sind die einzelligen Organismen, die heute leben? Sind sie primitiv? Was haben einige der führenden Mikrobiologen der Welt jetzt darüber herausgefunden?

Thomas D. Brock ist Professor an der Universität von Wisconsin. Und Michael T. Madigan ist Professor an der Süd Illinois Universität, USA. Sie schreiben in ihrem Lehrbuch, Biology of Microorganisms: "Hier sollte man einen Punkt betonen: Keiner der Organismen, die heute leben, sind primitiv. Alle heutigen Lebensformen sind moderne Organismen. Sie sind ihren ökologischen Nischen gut angepasst, und sind darin erfolgreich. Einige dieser Organismen mögen den primitiven Organismen tatsächlich phänotypisch ähneln. Und sie sind vielleicht Zweige des evolutionären Baumes, die sich seit Millionen von Jahren nicht verändert haben. So gesehen, sind sie mit den primitiven Organismen verwandt. Aber sie selbst sind nicht primitiv." (1991:684).

Könnte ein Archaebakterium, das siedendem Wasser angepasst ist, sich dort in höhere Formen des Lebens entwickeln, wie das Evolutionisten glauben?

Professoren Brock und Madigan: "Man weiß nicht, warum sich die Archaebakterien von den drei Königreichen (der Einzeller) am langsamsten entwickeln. Aber das mag an der extremen Umwelt liegen, in der sie leben. Organismen, zum Beispiel, die leben, wo es sehr heiß ist, müssen diejenigen Gene beibehalten, die es ihnen ermöglichen, in solch einer großen Hitze zu leben. Diese Gene dürfen sich nicht sehr während der Evolution verändern, wenn der Organismus in seiner Umwelt überleben soll. Die ribosomalen RNA-Reihenfolgen zeigen uns, dass Organismen, wie das sehr thermophile Archaebakterium, wahrscheinlich zu den frühesten Lebensformen gehört. Die phänotypischen Eigenschaften dieser Gruppe, Wärmeliebe und anaerobe Organotrophie/lithotropher Stoffwechsel, passen gut zu dem Phänotyp der primitiven Organismen, die man aufgrund der geochemischen Zustände auf der jungen Erde erwartet." (1991:814).

"Die Temperatur ist eine der wichtigsten Umweltfaktoren, die den Wuchs und das Überleben von Organismen beeinflussen. Sie kann lebende Organismen auf zwei entgegengesetzten Wegen beeinflussen. Wenn die Temperatur ansteigt, laufen chemische und enzymatische Reaktionen in der Zelle schneller ab, und sie wachsen schneller. Aber über einer bestimmten Temperatur sind Proteine, Nukleinsäuren und andere zellulare Bestandteile gegen hohe Temperaturen empfindsam und sie werden vielleicht unwiderruflich denaturiert. Normalerweise, wenn die Temperatur innerhalb eines bestimmten Rahmens ansteigt, wachsen sie schneller und der Stoffwechsel erhöht sich. Und zwar bis zu dem Punkt, wo Inaktivierungs-Reaktionen einsetzten. Über diesem Punkt sinken die Zellfunktionen schnell auf Null herab. Das bedeutet: Für jeden Organismus gibt es eine Minimum-Temperatur, unter der die Zelle nicht mehr wächst, eine optimale Temperatur, bei der sie am schnellsten wächst, und eine maximale Temperatur, über der sie nicht mehr wachsen kann.

"Die optimale Temperatur liegt immer näher am Maximum, als am Minimum. Das sind Temperaturen, die man oft als grundsätzliche Temperaturen bezeichnet. Sie gelten für alle Arten von Organismen. Aber sie sind nicht vollständig festgelegt. Denn Umwelteinflüsse können sie modifizieren." Brock und Madigan (1991:321).

Säure und Alkalinität (pH-Wert)

Was meint man mit Säure und Alkalinität? Wie beeinflusst das den einzelligen Organismus?

Professoren Brock und Madigan: "Säure oder Alkalinität einer Lösung drückt man durch seinen pH-Wert aus, auf einer Skala, auf der die Neutralität den pH-Wert 7 hat. Ein pH-Wert, der unter 7 liegt, ist sauer, und ein pH Wert, der über 7 liegt, ist alkalisch (oder basisch). Es ist wichtig, zu bedenken, dass dieser pH-Wert eine logarithmische Funktion ist. Eine Änderung von einer pH-Wert-Einheit bedeutet, dass sich seine Wasserstoff-Ionen-Konzentration verzehnfacht. Deshalb unterscheiden sich der Essig (pH-Wert nahe 2) und Haushalt-Ammoniak (nahe pH-Wert 11) in ihrer Wasserstoff-Ionen-Konzentration eine Milliarde Male.

"Jeder Organismus hat einen pH-Wert-Bereich, in dem er wachsen kann. Und er hat normalerweise ein gut-definiertes pH-Wert-Optimum. Die meisten natürlichen Umgebungen haben pH-Werte zwischen 5 und 9. Und Organismen mit Optima in diesem Bereich sind sehr häufig. Nur einige Arten können bei pH-Werten von weniger als 2 wachsen oder größer als 10. Organismen, die bei niedrigem pH-Wert leben, bezeichnet man als Acidophile. Pilze, als Gruppe, sind gewöhnlich säuretoleranter als Bakterien.

"Einige Organismen kann man als alkalinophil betrachten, weil sie hohe pH-Wert-Optima haben, manchmal bis zu pH-Wert 11-12. Alkaliniphile Mikroorganismen findet man normalerweise in hochbasischen Gebieten, zum Beispiel in sodahaltigen Salzseen und Böden mit hohem Karbonatgehalt.

"Die meisten Bakterien wachsen am besten bei neutralem pH-Wert. Doch es gibt auch acidophile Bakterien. Einige dieser Bakterien sind obligatorische Acidophile. (Sie können nur leben, wo es sauer ist.) Sie können überhaupt nicht bei neutralem pH-Wert wachsen. Obligatorische acidophile Bakterien schließen mehrere Spezies der eubakterieller Gattung Thiobacillus ein. Und mehrere Gattungen der Archaebacterien, einschließlich Sulfolobus und Thermoplasma. Thiobacillus und Sulfolobus haben eine interessante Eigenschaft. Sie oxydieren Sulfidmineralien und erzeugen Schwefelsäure. ... Es ist seltsam: Für obligatorische Acidophile ist ein neutraler pH-Wert giftig! Wahrscheinlich der kritischste Faktor für obligatorische Acidophilie ist die Plasmamembran. Wenn man den pH-Wert auf Neutralität erhöht, dann löst sich die Plasmamembran obligatorischer, acidophiler Bakterien auf, und die Zellen fallen auseinander. Das zeigt uns, dass sie hohe Konzentrationen von Wasserstoff-Ionen brauchen, damit die Membran stabil bleibt." ( 1991:327, 328).

Autotrophe

Was sind Autotrophe? Und wie leben diese einzelligen Organismen?

Brock und Madigan: "Organismen, die anorganische Chemikalien oder Licht als Energiequellen benutzen, können häufig ganz ohne organischer Materialien wachsen. Sie benutzen Kohlendioxyd als ihre einzige Kohlenstoffquelle. Den Begriff Autotroph (er bedeutet wörtlich, selbst-fressen) verwendet man manchmal bei Organismen, die all ihren Kohlenstoff, den sie brauchen, aus anorganischen Quellen erhalten. Beachte bitte: Der Begriff Autotroph bezieht sich nicht auf die Energiequelle, die er benutzt, sondern auf die Kohlenstoffquelle. Autotrophe sind sehr wichtig, damit die Biosphäre richtig funktioniert. Denn sie können aus anorganischen (nicht lebenden) Quellen organische Materie herstellen. Weil Menschen und andere Tiere organischen Kohlenstoff brauchen, hängt das Leben der Biosphäre selbst von der Tätigkeit der autotrophen Organismen ab. Der Vorgang, bei dem man Kohlendioxyd als einzige Kohlenstoffquelle benutzt, nennt man manchmal autotrophe CO2 Fixierung." (1991:562).

 

 

Vergrößert sich die Zelle, vergrößert sich auch das Verhältnis ihres Volumens (Inhalts) im Vergleich zu ihrer Oberfläche. Aus M. T. Madigan et al. Brock Biology of Microorganisms (1997:62) Fig. 3.14. Je größer die Oberfläche ist, im Verhältnis zu ihrem Rauminhalt, umso schneller kann die Zelle leben. Einige Bakterien und Archäen leben in kochendem Wasser  - an der Grenze des Lebens. Deshalb müssen sie klein sein. Sie brauchen eine große Oberfläche, damit ihr Stoffwechsel sehr hoch ist. Das Volumen der Kugel berechnet man so: 4 pi r³. Und die Oberfläche der Kugel mit einem Radius von 5 = 4 pi r². Sie enthält auch die Kreiszahl pi. Das zeigt uns: Information und Mathematik existieren unabhängig vom Menschen: in der Welt der Physik und Biologie. Information und Mathematik stammen immer von einer intelligenten Person: vom Schöpfer.

Klein sein ist wichtig

Viele Bakterien und Archaebakterien, die heißem oder siedendem Wasser angepasst werden, sind recht klein. Warum sind sie so klein? Sind die kleinsten Zellen die primitivsten Zellen?

Brock und Madigan: "Die Mikroorganismen sind klein. Und wer klein ist, hat mehrere physiologische Vorteile. Wie schnell die Nährstoffe und Abfallprodukte in die Zelle hinein und heraus kommen, ist gewöhnlich inversibel proportional zur Zellgröße. Wie schnell die Stoffe transportiert werden, beeinflusst die Stoffwechselgeschwindigkeit des Organismus und wie schnell er wächst. Das heißt: Je kleiner die Zelle ist, um so schneller kann sie wachsen.

"Die Zelle holt sich die Nährstoffe und beseitigt die Abfallprodukte durch ihre Zelloberfläche, besonders durch die Zellmembran. Das Zellplasma der Zelle, in dem viele wichtige Stoffwechsel-Aktivitäten stattfinden, kommuniziert mit der äußeren Umwelt durch die Zellmembran. Und dabei ist es wichtig, wie groß die Membran-Oberfläche ist, durch die sie Stoffe in die und aus der Zelle transportiert. Das heißt, das Zellvolumen steht in einem bestimmten Verhältnis zur Zelloberfläche. Die Zelloberfläche entscheidet darüber, wie viel Membran vorhanden ist.

"Das Verhältnis zwischen Volumen und Oberfläche ist aber nicht konstant. Das können wir besser verstehen, wenn wir uns eine Kugel (Sphäre) betrachten. Dort ist das Volumen eine Funktion vom Quadrat des Würfels des Radius (V = 4/3 Pi·r3). Und die Oberfläche ist eine Funktion vom Quadrat des Radius (A = Pi·r3). Das Oberflächen/Volumenverhältnis einer Sphäre kann man deshalb als 3/r ausdrücken. Eine kleinere Kugel (kleinerer r Wert) hat daher ein größeres Verhältnis von Oberfläche zum Volumen, als eine größere Kugel.

"Um zu einem biologischen Beispiel zurückzukommen: Eine kleine Zelle kann ihre Stoffe besser herein und heraus bringen, als eine große Zelle. Doch man kann die Zellgröße nicht unbegrenzt verringern. Weil die Zelle eine bestimmte Mindestgröße braucht, in die alle ihre genetische Information und biochemischen Apparate hineinpassen, wie Enzyme und Ribosome.

"Die meisten prokaryotischen Zellen sind klein. Doch es gibt unter den verschiedenen Organismen viele verschiedene Größen. Die meisten Bakterien haben bestimmte Zellformen, die mehr oder weniger gleich bleiben, obwohl die Umwelt ihre Form etwas beeinflussen kann. Die Form einer Zelle beeinflusst definitiv ihre Ökologie. Kokken (Kugeln) zum Beispiel, die rund sind, verändern ihre Form weniger, wenn sie austrocknen. Und sie können daher gewöhnlich eine größere Austrocknung überleben, als Stäbe oder Spiralen. Kokken gibt es als einzelne Zellen oder Zellgruppen. Stäbe, dagegen, haben mehr Oberfläche im Vergleich zu ihrem Volumen, als Kokken. Daher können sie in einer flüssigen Umwelt leichter Nährstoffe aufnehmen. Sogar quadratische Bakterien gibt es. Diese außergewöhnlichen Organismen haben gerade Seiten und rechtwinklige Ecken. Rechteckige Bakterien hat man nur in sehr salzigen Gebieten gefunden, zum Beispiel in Salzwasser, aus dem man Salz gewinnt. Man nimmt an, dass ihre außergewöhnliche Form mit den Belastungen zu tun hat, mit denen sie in ihrer Umwelt, wegen des hohen Salzgehaltes, fertig werden müssen." Brock und Madigan (1991:43).

 

Klein, nicht primitiv

Die bakterielle und archaeelle Zelle ist klein, verglichen mit Pflanzen und Tieren. Bedeutet das dann, dass sie primitiv sind, Vorstufen in der Evolution des Lebens? - Überhaupt nicht. Was haben Wissenschaftler jetzt darüber herausgefunden?

Wolfgang Fritsche ist Professor für Mikrobiologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, Ostdeutschland. Er glaubt an die Evolution und schreibt: "Die natürliche Evolution der Organismen ist offensichtlich in zwei Richtungen gegangen, in die der Miniaturisierung und die der Komplexität. Beide Evolutionsstrategien haben sich bewährt, wie die Koexistenz der Pro- und Eukaryoten in den natürlichen Ökosystemen zeigt. Man sollte daher nicht von niederen und höheren Organismen sprechen, sondern von Organismen mit einfacher und mit komplexer Organisation. Der miniaturisierte prokaryotische Organismus erfüllt mit hoher Effektivität alle Lebenskriterien: Selbstreproduktion, Stoffwechsel und Stoffaustausch, Signalrezeption und -reaktion, Beweglichkeit." (1990:32).

Unter der Überschrift " Kleine Zelldimensionen - große Leistungen" sagt Professor Wolfgang Fritsche dann: "Das große Verhältnis von Oberfläche zu Volumen ermöglicht intensive Wechselwirkungen mit der Umwelt. Mikroorganismen haben eine 'extrovertierte' Lebensweise. In Zusammenhang mit den relativ geringen Transportwegen in der Zelle führt das zu hohen Stoffwechselleistungen. Die Atmung ist ein Maß für den Stoffumsatz. Bei Bakterien liegt die Atmungsrate (QO2 = O2 pro 1 mg Zelltrockensubstanz h-1) um 1.000, bei Hefen um Hundert, bei tierischen und pflanzlichen Geweben um 1-10. Für den bakteriellen Stoffumsatz gibt Thiemann (1964) ein anschauliches Bild. Ein Lactose vergärendes Bakterium setzt in einer Stunde das 1.000 bis 10.000fache seines Eigengewichtes an Substrat um, ein Mensch würde für den 1.000fachen Zuckerumsatz seines Eigengewichtes ungefähr 250.000 Std., etwa die Hälfte seines Lebens, benötigen. (1990:33, 34).

"Ein weiterer Ausdruck des hohen mikrobiellen Leistungspotentials ist das Wachstum. Bakterien, wie Escherichia coli, haben unter günstigen Bedingungen eine Generationszeit von 20 min, Hefen von 2 Std. In dieser Zeit verdoppelt sich jeweils die Biomasse. Das setzt sich in exponentieller Weise fort. Aus Kalkulationen zur mikrobiellen Eiweißproduktion stammt der Vergleich, dass in einer Futterhefefabrik mit 500 kg Proteinausgangsbiomasse in 24 Std. 50.000 kg Protein produziert werden können, ein Rind von 500 kg bildet dagegen in 24 Std. 0,5 kg Protein. Die Biomasse von jungen Rindern verdoppelt sich in 1-2 Monaten, d. s. etwa 2.000 Stunden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass Mikroorganismen, bezogen auf die Biomasse, etwa 100-1.000fach höhere Leistungen als Pflanzen und Tiere vollbringen." Fritsche, W. (1990:34).

Das war über die Hefe. Könnten Sie auch ein Beispiel über den Wuchs bakterieller Populationen geben?

Prof. Wolfgang Fritsche: "Die mit dem Wachstum der individuellen Zelle verbundene Zellteilung führt zum Anstieg der Zellzahl, zum Wachstum der Zellpopulation. Es erfolgt exponentiell, aus einer Zelle werden zwei, aus zwei vier usw. Der exponentielle Anstieg der Zellzahl für Bakterien, die sich nach 30 min teilen (Generationszeit 0,5 h): In einer Stunde erfolgen 2 Verdoppelungen (Teilungsrate 2 h-1). ... Das exponientielle Wachstum erfolgt so lange, bis ein essentieller Nährstoff ins Minimum gerät. Bei den in der Mikrobiologie üblichen Kulturmethoden tritt bei schnell wachsenden Bakterien und günstigen Temperaturbedingungen innerhalb eines Tages diese Limitation ein. Bei Kultur in einem geschlossenen System, das als statistische oder diskontinuierliche Kultur (engl. batch-culture) bezeichnet wird, vermehren sich die Bakterien um das 1.000-100.000fache, z. B. von 106 auf 1010 Zellen pro ml. Wie schnell Nährstoffe das exponentielle Wachstum limitieren, belegt ein Rechenbeispiel aus dem Lehrbuch von Stanier et al. (1983). Würde sich ein Bakterium mit der Generationszeit von 20 min 48 Stunden exponentiell vermehren, so würde eine Masse von 2,2·1031 g erreicht werden, das ist etwa das 4.000fache des Gewichtes der Erde." (1990:259).

Gut seiner Umgebung angepasst

Das Bakterium ist seiner Umgebung gut angepasst. - Warum? Wie macht es das?

Prof. Wolfgang Fritsche: "Eine Mikrobenart kann sich an sehr unterschiedliche Umweltbedingungen schnell anpassen. Diese Flexibilität stellt eine der Überlebensstrategien der Mikroorganismen dar, mit denen sie bei ihrer 'extrovertierten' Lebensweise wechselnde Umweltbedingungen überleben können. Die Kleinheit der Bakterienzelle bietet jeweils nur für einen Teil der Enzyme, die in der genetischen Information codiert sind, Platz. Eine für den Grundstoffwechsel notwendige Garnitur von Enzymen ist immer vorhanden, sie werden als konstitutiv bezeichnet. Andere Enzyme werden bei Bedarf gebildet. Die Zellen besitzen dafür ein hoch entwickeltes System der Regulation der Enzymsynthese. Es ermöglicht eine sehr ökonomische Substratverwertung. Zunächst werden Nährstoffe verwertet, die direkt in den Zellstoffwechsel eingehen, z. B. Aminosäuren. Sind sie verbraucht, so vermögen viele Mikroben aus Ammonium und Zuckern Aminosäuren zu synthetisieren. Dazu sind zusätzliche Enzyme notwendig, die unter diesen Bedingungen synthetisiert werden." - Fritsche, W. (1990:34, 35).

Moleküle in Zellen

Die Zelle besteht aus verschiedenen Arten von Molekülen: aus Nukleinsäuren und Proteinen. Wie komplex sind sie? Und in wie vielen verschiedenen Formen kann man sie machen?

James Darnell ist Professor an der Rockefeller Universität. Er und seine Mitarbeiter sagen dazu in ihrem Lehrbuch Molecular Biology: "Nukleinsäuren werden aus vier verschiedenen Nukleotiden, gemacht, die zu Strängen zusammengefügt werden. Sie können Millionen von Einheiten lang sein. Diese Untereinheiten kann man in irgendeiner Reihenfolge zusammenfügen. Deshalb ist die Anzahl möglicher Nukleinsäuren, die n Einheiten lang ist, 4n. Eine 10-Einheiten-Nukleinsäure hat 410 (mehr als 1 Million) mögliche Strukturen; eine 100-Einheiten-Nukleinsäure hat 4100 (mehr als 1060).

"Die chemischen Reaktionen, aus denen die Lebensvorgänge bestehen, werden von Proteinen gelenkt und kontrolliert. Es gibt 20 verschiedene Aminosäuren in Proteinen. So hat ein 100-Einheiten-Protein 20100 (mehr als 10130) mögliche Strukturen. Diese enorme Variabilität bedeutet, dass sich Zellen und Organismen sehr in Struktur und Funktion unterscheiden, obwohl sie aus den gleichen Arten von Biopolymeren aufgebaut sind, die durch ähnliche chemische Reaktionen erzeugt worden sind." (1990:43, 44).

Warum ist die erste lebende Zelle auf der Erde entstanden? Warum existiert sie?

Professor James Darnell und Mitarbeiter: "Eine ausführliche Theorie der Evolution, die erklären würde, wie die primitiven oligonucleotid-ologopeptiden Wechselwirkungen sich zu einem arbeitenden Übersetzungssystem entwickelt haben, liegt völlig außerhalb von dem, was wir jetzt darüber wissen. ... Wir erwähnten früher: Es mag niemals möglich sein, absolute Schlussfolgerungen über die Natur der frühesten Genen oder die frühesten Zellen zu ziehen." (1990:1056, 1071).

Der genetische Code und der Übersetzungsapparat der Zelle: Warum sind sie entstanden? Wie sind sie entstanden?

Prof. James Darnell und Mitarbeiter (die an die Evolution glauben): "Während der vorzelligen Evolution musste man zwei verschiedene, aber koordinierte Probleme lösen, damit Nukleinsäuren Information speichern konnten, die Proteine bezeichnen (spezifizierern). Zuerst musste man dafür sorgen, dass die lineare Ordnung in dem einen Polymer mit der linearen Ordnung im anderen übereinstimmt. Das heißt, ein Code musste sich entwickeln. Dann musste man herausfinden, wie man die eine lineare Ordnung in die andere übersetzen kann. Wir wissen, dass in allen Zellen der heutige drei-Buchstaben-Nukleotid-Code in der mRNA die erste Bedingung erfüllt, und dass die Übersetzung von der tRNA ausgeführt wird, die an das Ribosom gebunden ist."

"Aber wie man die 'Wörter' des Nukleotid-Codes ausgewählt hat, mögen wir nie herausfinden. Weil es keine bekannte chemische Komplementarität zwischen den drei Nukleotiden eines Codons und seinen entsprechenden Aminosäuren gibt." (1990:1131).

Kommentar: Die Zelle hat einen vier-Buchstaben-Nukleotid-Code. Jedes Nukeotid besteht aus drei Buchstaben.

Passte sich vollkommen an.

Wie gut ist die Zelle ihrer Umwelt angepasst, zum Beispiel, ihrem Vorrat an Futter? Und was hat die erste lebende Zelle gegessen?

Frederick C. Neidhardt ist Professor an der Universität von Michigan, Ann Arbor. Er und seine Mitarbeiter berichten in ihrer Lehrbuch Physiology of the Bacterial Cell (1990:418):

"Bakterien sind besondere gut dafür ausgerüstet, ihre Futter zu finden und zu verwerten, um schnell zu wachsen. Damit das möglich ist, ändert sich der Aufbau der bakteriellen Zelle, je nachdem, wie schnell sie wächst: Die makromolekulare Zusammensetzung und auch die Zellgröße ändern sich mit der Wachstumsrate. Die teleologischen Gründe für einige dieser Änderungen sind offensichtlich.

"Wenn ein Bakterium, zum Beispiel, schneller wachsen soll, braucht es mehr Maschinerie, die das Protein aufbaut. Aber unbenutzte Maschinerie verursacht immer Unkosten. Damit eine Zelle so schnell wie möglich wachsen kann, wie das vorhandene Futter das erlaubt, muss sie genau so viele Maschinen enthalten, die Protein aufbauen, wie sie braucht. Mehr oder weniger, würde ihr Wachstum verringern. Der physiologische Vorteil einiger anderer Änderungen, die mit dem Wachstum zu tun haben - zum Beispiel, DNA-Gehalt und Zellgröße - mag man nicht sofort erkennen. Doch sie sind, wie wir sehen werden, auch wichtig, wenn die bakterielle Zelle ihr Futter in ihrer Umgebung richtig nutzen will. Alle diese Änderungen sorgen dafür, dass die Zelle in ihrer Umwelt so schnell wie möglich wächst."

Die ersten Bakterien und Archaebakterien, die vor etwa 3,8-4,0 Milliarden Jahren entstanden sind, mussten anorganisches Futter essen, wie Kohlendioxyd. Andere Arten von Bakterien, die danach entstanden sind, konnten sich dann von den Überresten toter Bakterien ernähren: von organischem Futter. - Was ist komplizierter: sich von anorganischem Futter oder von organischem Futter ernähren?

Prof. F. C. Neidhardt und Mitarbeiter: "Wenn die Zelle auf einer einzelnen Quelle von Kohlenstoff und Energie - einem Substrat - wächst, braucht sie sehr viele Enzyme, die das Substrat metabolisieren und die katabolischen Produkte in die zentralen betankenden Pfade leiten. Weil alle Stoffwechselpfade in der Zelle von den Metaboliten fließen, welche diese katabolischen Enzyme erzeugt haben. Bakterien scheinen es zu spüren, ob ein bestimmter katabolischer Pfad unter bestimmten Umständen nötig ist, und regeln dann die Tätigkeit der Gene dementsprechend." (1990:375).

Ordnung schaffen

Die lebende Zelle ist ordentlich aufgebaut. Man hat sie für einen bestimmten Zweck geplant. - Warum ist diese Ordnung in der lebenden Zelle entstanden? Wie ist sie entstanden?

Professor Bruce Alberts und Mitarbeiter sagen in ihrem Lehrbuch Molecular Biology of the Cell: "Tausende verschiedener chemischer Reaktionen ereignen sich ständig in einer Zelle. Die Reaktionen sind alle in Ketten und Netzwerken zusammengefasst. In ihnen wird das Produkt der einen Reaktion das Substrat der nächsten. Die meisten chemischen Reaktionen in Zellen haben mit dem Katabolismus oder der Biosynthese zu tun. Die Reaktionen der Biosynthese beginnen mit den dazwischen liegenden Produkten von Glucose und dem Zitrus-Zyklus (und eng verwandten Verbindungen) und erzeugen die größeren und komplexeren Moleküle der Zelle." (1989:71).

Warum stellt die Zelle Proteine her? Wie ist das Aufbauen des Proteins in der Zelle entstanden?

Prof. Bruce Alberts und Mitarbeiter, die an Evolution glauben, in ihrem Lehrbuch Molecular Biology of the Cell (1989:219): "Die molekularen Prozesse, auf denen die Proteinsynthese beruht, sind unerklärlich komplex. Wir können zwar viele von ihnen beschreiben. Aber konzeptionell ergeben sie keinen Sinn, wie zum Beispiel die DNA-Umschrift, DNA-Reparatur, und DNA-Reproduktion. Die Proteinsynthese in heutigen Organismen beruht auf einer sehr großen Ribonukleoprotein-Maschine, dem Ribosom. Es besteht aus Proteinen, die den Kern der rRNA-Moleküle umgeben.

"Warum sollte es überhaupt rRNA-Moleküle geben? Und warum sind sie in der Struktur und der Funktion des Ribosoms so wichtig? Die Antwort hülfe uns, die Proteinsynthese zu verstehen. ... Die Proteinsynthese ist auch sehr auf eine große Anzahl von verschiedenen Proteinen angewiesen, die an die rRNAs im Ribosom gebunden sind. Dieser Vorgang mit so vielen verschiedenen Bestandteilen, die aufeinander angewiesen sind, hat dazu geführt, dass viele Biologen verzweifeln. Denn sie glauben nicht, dass sie jemals verstehen werden, wie die Proteinsynthese entstanden ist."

Wie wird die Tätigkeit des Gens in der Zelle gesteuert? Wie weiß die Zelle, wann sie was zur richtigen Zeit wie viel davon machen soll?

Prof. Bruce Alberts und Mitarbeiter: "Der Organismus verschlüsselt (codiert) die DNA-Reihenfolge aller RNA- und Protein-Moleküle, die vorhanden sind, um seine Zellen zu konstruieren. Auch wenn man die ganze DNA-Sequenz eines Genoms vollständig beschriebe - die paar Millionen Nukleotide eines Bakteriums oder die 3 Milliarden Nukleotide eines Menschen - würde uns das wenig helfen, den Organismus selbst zu verstehen. Man hat gesagt, das Genom sei ein vollständiges 'Wörterbuch' des Organismus, es enthalte alle 'Wörter', die man braucht, um ihn aufzubauen. Doch wir können aus einem englischen Wörterbuch kein Schauspiel von Shakespeare aufbauen. In beiden Fällen muss man erst wissen, wie man die Wörter dieses Wörterbuches benutzt. Die Anzahl der möglichen Kombinationen der verschiedenen Wörter ist so gewaltig, dass es nicht nur darum geht, dass man dieses Wörterbuch bekommt. Das ist recht einfach. Damit hat man erst begonnen, das Problem zu lösen.

"Natürlich sind wir noch weit davon entfernt, dass wir aus der Reihenfolge des Genoms einen Organismus 'schreiben' könnten. Das ginge nur, wenn wir die ganze Zellbiologie viel besser verstanden haben. Dabei muss man wissen, wie sich die Tausende großer und kleiner Moleküle in einer Zelle verhalten, wenn sie aufgebaut worden sind." (1989:219).