Kapitel 4: Alaska Entsprechender Breitengrad

In Mittel-Alaska und dem Yukon Territorium wächst azonale Trockensteppe jetzt nur in einigen warmen Becken und auf gut entwässerten Südhängen. Arktische Tundra, Waldtundra und Taiga (nördlicher Nadelwald) bedecken den Rest des Landes. Ich selbst habe 8 Jahre im Yukon Territorium gewohnt. Deshalb kenne ich das aus eigener Erfahrung. Vor mehreren tausend Jahren waren das Klima und die Pflanzendecke dort oben ganz anders. Mittel- und Nord-Alaska und der Yukon waren dann mit zonaler Steppe und Waldsteppe bewachsen.

Und auf dieser zonalen Steppe und Waldsteppe grasten große Herden von Huftieren, ähnlich den Huftierherden, die jetzt über Ostafrikas Savannen wandern. Große Herden von Pferden, Steppenbisons und Mammuten gab es dann „überall“. Sie grasen in den Tälern, auf den Hängen und den Kämmen der Berge und Hügel. Sie zogen dann bis zum Strand des Eismeeres hinauf. Sie waren dann überhaupt nicht auf einige isolierte geeignete Stellen beschränkt, wie das Hauspferd und der eingeführte Bison, die jetzt in Mittel-Alaska und dem mittleren Yukon leben.

Warum ist das so? Warum konnte damals eine zonale Steppe oder Waldsteppe in Alaska und dem Yukon wachsen? Warum wächst sie dort jetzt nicht? Wann könnte sie dort wieder wachsen? Was müsste dann anders sein? Wann würde sich die azonale Steppe, die dort jetzt nur einige gut entwässerte Südhänge und trockene Becken bedeckt, sich in eine zonale Steppe verwandeln und den größten Teil Alaskas und des Yukons bedecken? Wann würde diese azonale Steppe, die jetzt nur auf einigen gut entwässerten Südhängen wächst, dann auch auf dem flachen Boden als zonale Steppe wachsen und den größten Teil des Landes bedecken? – Das liegt am Klima. Die folgenden Forschungsergebnisse werden uns helfen, die Antwort zu finden.

Roger G. Barry ist Professor für Geographie und Direktor, WDC-A Glaziologie/Nationales Schnee- und Eisdaten-Zentrum, an der Universität von Colorado in Boulder. Er berichtet in dem Buch Paleoecology of Beringia (Paläoökologie von Beringien) (1982:202):

„Wichtiger für die Steppentundra ist der Vorschlag von Young (1976) hinsichtlich der Wichtigkeit von einem Mosaik von verschiedenen Klimaten (topoclimates). In Mittel-Alaska hat man jetzt festgestellt, dass der Unterschied in der Lufttemperatur an den Nord- und Südhängen der Berge recht gering ist. Aber es gibt bedeutende Unterschiede in der potentiellen Strahlung und Temperatur an der Bodenoberfläche. Die potentielle Strahlung an den Nordhängen von etwa 12° bei 65°N im Yukon-Tanana-Hochland hat einen ‚entsprechenden Breitengrad‘ (equivalent latitude) von 80°N. Und auf dem entsprechenden Südhang ist der ‚entsprechende Breitengrad‘ (equivalent latitude) 50°N (Slaughter und Long, 1975). Oberflächen-Temperatur-Unterschiede von 4°-7°C hat man im Sommer 1970 beobachtet. Und die mittlere tägliche Oberflächen-Temperatur im Juni 1971 war 20,6°C auf dem Südhang, aber nur 12,1°C auf dem Nordhang.“

Das bedeutet: Azonale Steppe wächst jetzt im Yukon-Tanana-Hochland in Mittel-Alaska bei 65°N nur auf den gut entwässerten Südhängen. Sie wird sich nur dann in eine zonale Steppe verwandeln und auch den flachen Boden bedecken, wenn der wärmste Monat des Jahres eine mittlere Lufttemperatur von 20,6°C hat. Zonale Steppe würde dort nur wachsen, wenn es dort oben ebenso warm wäre. wie es jetzt bei 50°N ist. – Das ist etwa 1.660 km weiter südlich!

Bei 50°N in Mittel-Asien, bei Karaganda, in Kasachstan, wächst jetzt zonale Trockensteppe. Nördlich vom Kaspischen und Schwarzen Meer, und südlich des Baikal Sees, auch bei 50°N, wächst jetzt zonale Steppe. Und in Nordamerika, nahe Medicine Hat, im Süden Albertas, SW Kanada, in der Nähe von 50°N, wächst auch zonale Steppe (Prärie). Das beweist mir: Die zonale Mammutsteppe konnte nur im Hohen Norden bei 65°N wachsen, als das Klima dort oben eben so warm war, wie es jetzt bei 50°N ist, etwa 1.660 km weiter im Süden! Daran kommt man nicht vorbei!

Wie berechnet

Wie warm hätte es im Sommer im mittleren und nördlichen Alaska sein müssen, damit die zonale Steppe dort oben dann auch auf dem flachen Boden wüchse, und nicht nur auf einigen gut entwässerten Südhängen, wie heute? Und wo finden wir jetzt solch ein Klima? Wie viel weiter im Süden? - Wir können die damalige Julitemperatur Mittel- Alaskas, als das Mammut dort oben graste, auch so berechnen:

Das Fairbanks-Gebiet hat jetzt eine mittlere Juli-Lufttemperatur von etwa 17°C (Guthrie, 1982:209). Mittel-Alaska hat jetzt eine mittlere Juli-Lufttemperatur von 15°C (Bryson und Hare, 1974). Das Yukon-Tanana-Hochland, nördlich von Fairbanks, bei 65°N, hatte im Juni 1971 eine mittlere Temperatur der Bodenoberfläche von 20,6°C auf den Südhängen, und 12,1°C auf den Nordhängen (R. G. Barry, 1982:202). Der flache Boden, nördlich von Fairbanks, hätte dann eine mittlere Juni Temperatur der Bodenoberfläche von 16,35°C (der Durchschnitt von 20,6°C und 12,1°C). Verhältnis von 20,6° : 16,35° = 1,259938838. Ich benutze jetzt den Juniwert, statt des Juliwertes, weil sich der Boden dort eben so schnell erwärmt, oder noch früher, als im Juli.

Das Yukon-Tanana Hochland, nahe 66°N, sollte jetzt eine Juli-Lufttemperatur von etwa 16°C haben. 16°C x 1,259938838 = 20,6°C.

Das bedeutet: Das Mammut hat in Mittel-Alaska auf zonaler Steppe und Waldsteppe gelebt. Sie wuchs damals auch auf dem flachen Boden. Die mittlere Juli Lufttemperatur betrug dann 20,6°C. Auf welcher Breite verläuft diese Juli-Isotherme von 20.6°C jetzt? Wie viel weiter im Süden?

Im südwestlichen Kanada, östlich des Felsengebirges (Rocky Mountains), liegt die 20,6°C Juli-Isotherme jetzt bei 48-49°N, an der kanadisch-amerikanischen Grenze. Das ist etwa 1.900 km weiter im Süden. In Eurasien, auf der Russischen Tiefebene, finden wir die 20,6°C Juli-Isotherme jetzt bei 50-53°N. Das ist etwa 1.600 km weiter im Süden. In Mittelsibirien liegt die 20,6°C Juli-Isotherme jetzt bei 50°N, etwa 1.700 km weiter im Süden. Und in Ostsibirien liegt die 20,6°C Juli-Isotherme bei 47°N. Das ist etwa 2.000 km weiter im Süden.

In diesen Gebieten, mit ihrer mittleren Juli Lufttemperatur von 20,6°C, bei 48-53°N, gibt es keinen Permafrost und keine arktische Tundra. Aber zonale Steppe oder Waldsteppe wächst dort. Das beweist mir, dass diese zonale Steppe nur in Mittel- und Nord-Alaska wachsen konnte, als die mittlere Juli-Lufttemperatur dort oben 20,6°C betrug.

Das bedeutet: Als das Mammut im Hohen Norden graste, war das Klima dort oben mild und gemäßigt. Es war dann ebenso mild, wie es jetzt in der zonalen Steppe Nordamerikas und Südsibiriens, bei 48-53°N im Sommer ist. Es hat dann keinen Permafrost, keinen arktischen Winter, keine arktische Tundra, noch irgendeine andere Art arktischer Pflanzendecke in Alaska gegeben. Die arktische Tundra, Waldtundra und Taiga (nördlicher Nadelwald) Nordamerikas und Nord-Eurasiens hat es damals noch gar nicht gegeben. Sie sind erst viel später entstanden: in der Holozän-Zeit.