Kapitel 2: Große Ljachow Insel
Groß Ljachow, die südlichste der Neusibirischen Inseln: ihr Stein-Eis, ihr gefrorener Boden auf dem Eis, und gefrorenes Mammut, das aufrecht im gefrorenen Boden steht. – Wie passt das alles zusammen? Wie ist dieses Bodeneis entstanden? Und warum bedeckt gefrorener Lehm und Sand das?
Der Geologe Baron Eduard von Toll: „Dr. Bunge, der den Sommer des Jahres 1886 auf der Groß Ljachow Insel verbracht hat, sagt in seinem vorläufigen Bericht:
„‚An einigen Stellen kommen die Hügel bis dicht an das Meer. Sie bilden dort steile, senkrechte Klippen, mit schönen Profilen. Sie zeigen uns eindeutig, wie diese interessantesten postpliozänen Strukturen entstanden sind. Sie zeigen uns manchmal ganz kolossale Massen von Eis, so groß, wie ich sie noch nie an der Lena und an der Jana gesehen habe. An einer Stelle maß die senkrechte Eiswand 72´ (22 m). Das Eis ist stumpf und enthält viele Luftblasen und irdene Beimischungen. Es gibt auch eine geschichtete, ständig gefrorene Masse von Lehm, die mehr oder weniger Sand enthält, mit den Überreste von Tieren und Pflanzen. Außer diesen gewaltigen Eismassen findet man auch zwischen den waagerechten Erdschichten dünne waagerechte Schichten klaren Eises.
„Im Sommer, besonders durch den Einfluss des Meeres, tauen diese Profile teilweise ab, und ziehen sich weiter auf das Land zurück. Laut plätschernd fallen manchmal größere, manchmal kleinere Erdmassen herab. Als ein dicker Brei, wie ein Lavastrom, fließen sie dann ins Meer. Das schmelzende Eis bildet das Wasser. Es hat sich in kleinen Wasserläufen gesammelt, und strömt in tief eingeschnittenen Betten (zum Meer). Manchmal bemerkte ich an diesen Stellen einen starken Geruch von Verfall oder Verwesung, der aus dieser ganzen Erdmasse kommt.
„Diese manchmal sehr beeindruckenden Steilwände findet man auf der Insel im südlichsten Teil der Nordwestküste (nahe Kap Tolstoi). Man findet auch sie an der ganzen südlichen Küste, besonders westlich der Mündung des Wanykina Flusses, und auch an der nordöstlichen Küste, in der Nähe des Berges Kowrischka. Aus ihnen kommen die fossilen Knochen, auch das Mammut Elfenbein, das die Insel für die Promyschlenniks (= Elfenbeinsucher) so attraktiv macht. Aber nicht nur Knochen, auch die Weichteile quartärer Säugetiere kommen hier hervor. Über einen Mammutfund, sagt Baron Toll in einem seiner Berichte.
„Und ich selbst fand in der Nähe von Knochen eines Mammuts, Hautstücke und Haare, gemischt mit Erde. Sie hängen in Büscheln an der gefrorenen Erdwand. In den Knochen war noch Mark, das von den Hunden gefressen wurde. Es sah kreidig aus. Diese Knochen gehörten offensichtlich zusammen. Aber sie befanden sich leider nicht mehr in ihrer ursprünglichen Lage. Sie waren schon vom Hang herabgefallen, vielleicht das ganze Tier. Dann wurden sie zugedeckt. Und sie erschienen ein zweites Mal, als das Meer (den Boden und das Eis) wegspülte und die Wärme der Sonne sie auftaute‘“ - Toll, E. von (1895:49, 50).
Eduard von Toll berichtet dann weiter: „Mein Führer erzählte mir, dass er vor einigen Jahren einen ganzen Moschusochsen gefunden hat... Seine Beschreibung, sogar die der Haarfarbe des Tieres, war sehr genau. Die Knochen findet man gewöhnlich, wenn sie aus den Erdschichten herauskommen. Gewöhnlich fallen sie unbemerkt herab, werden wieder zugedeckt, wieder freigelegt, und bewegen sich dann langsam ins Meer. Dort sind große Gebiete sehr seicht. Wenn es lange einen starken Ostwind gibt, während der Meeresspiegel niedrig ist, wird ein großer Teil des Meeresbodens freigelegt. Und auf ihm, auf der sogenannten laida der Promyschlenniks, haben sie ihre beste Ernte.
„Sie finden die meisten Stoßzähne in den Jahren, in denen das Meer vom Eis befreit ist, und wenn bei einem niedrigen Meeresspiegel, mit einem Ostwind, es zuerst einen hohen Meeresspiegel, mit einem Westwind, gegeben hat. Hohe Wellen brechen dann schnell das Ufer ab. Sie waschen es aus und legen die Knochen frei. Die größeren Knochen, besonders die Mammutstoßzähne, ragen dann hervor, weil sie nicht im gefrorenen Boden versinken können. Kleinere Knochen können natürlich wieder abgesetzt werden.
„Die Inseln müssen in früheren Zeiten viel größer gewesen sein als jetzt. Sie gehörten damals sehr wahrscheinlich zum Festland. Nur sehr langsam wurde dieses Gebiet dann kleiner. Und es wurde vom Festland getrennt. Die Knochen, die in der Erde eingeschlossen waren, fielen dann ins Meer. Daraus kann man schließen, dass der ganze Meeresboden hier mit Knochen gedeckt ist. Einige von ihnen werden langsam von den Wellen ans Ufer getrieben. Oder Eisschollen schieben sie vorwärts.
„Das Festland liegt etwa 25-40´ (7-12 m) über dem Meeresspiegel. Wo es dicht am Meer liegt, stürzt das Ufer ein, aber auf eine etwas andere Weise. Die Wellen haben das Ufer des Festlandes an mehreren Stellen mehrere Klafter tief ausgewaschen. (1 Klafter = 1,8 m). Große Stücke, deren Größe von den Rissen im Eis bestimmt wird, stürzen ins Meer herab. Dort fallen sie auseinander. Das Ufer ist hier sehr rau, zerrissen und wild, besonders, wenn es einen Sturm mit einem hohen Meeresspiegel gibt.
„Als ich diese gefrorenen Erdmassen betrachtete, wie sie herabstürzten und weg tauten, da musste ich an dieses denken: Wenn die Temperatur des Bodens dieser Insel (= Groß Ljachow) nur kurz über 0°C stiege, würde die Insel bald aufhören zu bestehen. Sie würde sich in einen dünnen Brei verwandeln. Dann würde sie auseinander fließen. Und nur ihre vier Berge würden übrigbleiben. Dies wird bestimmt das endgültige Schicksal dieser Insel sein, aber erst nach einer langen Zeit.“ - Toll, E. v. (1895:50, 51).
Bojarski Mammut
Auch am Kap Tolstoi, an der nordöstlichen Küste der Großen Ljachow Insel, hat man ein ganzes gefrorenes Mammut gefunden. Der baltisch-deutsche Geologe Baron Eduard von Toll berichtet:
„Ich hatte das Glück, dass ich mir persönlich eine Stelle auf der Ljachow Insel ansehen konnte, wo man das Mammut gefunden hat. Der Entdecker dieses Mammutkadavers führte mich persönlich dort hin. Das half mir, noch besser zu verstehen, was man mit ‚glaçons‘ meint. Weil das Mammut hier auf der Ljachow Insel unter den gleichen Umständen gelagert war, wie (Adams Mammut) auf der Halbinsel (im Lena Delta). ... Von Maloje Simovjo, an der Südküste der Großen Ljachow Insel, reiste ich auf meinem Weg zum Mammut zuerst 10 km nach Westen, entlang der Südküste der Insel. Auf dieser Strecke bestand die Steilküste aus einer ununterbrochenen niedrigeren Masse von Stein-Eis. Und sein oberer Teil bestand aus Schichten von Lehm, Sand und Torf.“
Bei der Mammut-Stelle am Kap Tolstoi, an der nordwestlichen Küste von Groß Ljachow: „Auch hier, im unteren Horizont der quartären Formationen, gab es eine ununterbrochene Ablagerung klaren Eises. Als Licht darauf fiel, sah es grau-grün aus. ... In die untere Schicht, den Eishorizont, greifen dort Teile des oberen Horizontes hinein, je nachdem, wie dick die ganze Eiswand ist. Einige sind niedriger, das heißt, nur 15´ (4,6 m) hoch. Einige sind 50-70´ (15-21 m) hoch. Sie sind etwa 10´ (3 m) breit. Sie bestehen aus Streifen geschichteter Lehmmassen. In ihnen wechseln die dünnen Lehmschichten fast immer mit Eisschichten ab. Über ihnen liegen die Sand-, Lehm- und Torfschichten. Und sie werden dann von Tundraschichten bedeckt. Das heißt, die heutige Vegetationsschicht." - Toll, E. (1895:52, 53). –Anmerkung: Diese senkrechten Säulen von geschichtetem Lehm und klarem Eis sitzen im fossilen Eis wie eine Blechdose.
Bojarski „hat viele Sommer als Promyschlennik auf der Ljachow Insel verbracht. Im Jahr 1860 sah er an einer Stelle an der Nordwestküste der Insel, beim Kap Tolstoi, ein Mammut. Es war mit all seinen Weichteilen erhalten. Sein Hinterteil ragte aus dem Steilufer hervor. Es stand aufrecht in einer Mulde des Eises, das dort das Ufer bildete. Im Jahr 1863 war er wieder zu dieser Stelle zurückgegangen. Aber inzwischen war der ganze Teil dieser Klippe, in der das Mammut gelegen (= gestanden) hatte, heruntergefallen. Und die Wellen des Meeres hatten es, zusammen mit dem Mammut, zerstört und weggespült.
„Als ich jetzt mit Bojarski zu diesem Mammut-Platz kam, stellte ich fest, dass die Verhältnisse genau mit dem überein stimmten, was oben gesagt worden ist, obwohl (das Steilufer) inzwischen 23 Jahre lang ausgewaschen worden war. Das Eis der Steilwand, die Fortsetzung des Eishorizontes am Profil, das hier weiter östlich liegt, war 20´ (6,1 m)hoch. Es enthielt Mulden. Diese Mulden waren etwa 75´(23 m) breit und 15´(4,6 m) hoch. Sie waren mit Sand und Lehm gefüllt. In solch einer Mulde, auf allen Seiten von Eis umgeben, und mit Lehm gefüllt, sagte Bojarski, hat sich das Mammut, das er gesehen hat, befunden.“
Tafel I: Steilküste, Eisklippe an der Südküste der Groß Ljachow Insel (eine der Neusibirischen Inseln), östlich von Wankinstan. Nach: E. Von Toll (1895). Das fossile Aufeis ist hier 15-18 m hoch. Die senkrechten Streifen stammen vom Schmelzwasser, das dort während des kurzen arktischen Sommers herab tropft. Dieses Aufeis ist kurz nach der weltweiten Sintflut der Tage Noahs im Jahr 2370 v. u. Z., entstanden, als der Hohe Norden sehr kalt wurde. Beachten Sie bitte die beiden Forscher in der Mitte des Bildes, am Fuß dieser Eisklippe.
Tafel II: Eisklippe an der Südküste der Groß Ljachow Insel, östlich von Wankinstan. Nach: E. von Toll (1895). Die senkrechten runden Löcher im alten Aufeis gehen bis zum Boden herunter. Sie entstanden, als es wärmer wurde. Im Sommer ist das Schmelzwasser über das Eis und dann in die Spalten geflossen. Dort hat es dann große, senkrechte Löcher in dieses Eis gefressen, etwa 3 Meter im Durchmesser. Dann wurden diesen Löcher abwechselnd mit einer dünnen Schicht klaren Eises und einer dünnen Schicht aus Lehm oder feinem Sand gefüllt. Das ist dann alles tief gefroren. Das linke und das rechte senkrechte Loch im Eis hat das Eis geschlossen, bevor es bis ganz nach oben hin angefüllt worden war. Die Hügel vor der Eisklippe stammen von den dünnen Lehm- und Sandschichten, mit denen die runden, senkrechten Löcher im Eis angefüllt waren. Die Eiswand ist im Laufe der Zeit jeden Sommer etwas mehr zurück geschmolzen. Die Erdsäulen, die im Eis saßen, blieben zurück, stürzten um oder fielen in such zusammen.
Tafel III: Eisklippe an der Südküste der Groß Ljachow Insel, östlich von Wankinstan. Nach E. von Toll (1895). Das Eis ist am Meeresufer, an der Vorderseite zurück geschmolzen. Nur die großen “Maulwurfshügel” sind davon übrig geblieben. Sie haben zuerst die großen senkrechten Löcher im Aufeis ausgefüllt, mit ihren aufeinander folgenden dünnen Eis- und Lehmschichten. In diesem aus altem Eis bestehenden Steilufer sitzen noch mehrere dieser senkrechten, runden Löcher, jetzt zum Teil weggetaut. Beachten Sie bitte die beiden Forscher im Bild. Der eine steht oben auf dem Steilufer (in der Mitte des Bildes). Und der andere steht unten auf einem dieser „Maulwurfshügel“, vor der Eiswand.
In diesen senkrechten Löchern im Eis finden sie auch einzelne Knochen, Teile von Kadavern und ganze Kadaver von Tieren, die dort oben zusammen mit dem Mammut gelebt haben, als das Klima noch mild war. Dort finden sie auch die Stoßzähne und ganze Kadaver des Wollhaarmammuts. Wie sind sie in diese großen, senkrechten Eislöcher, etwa 3 Meter im Durchmesser, hinein gekommen? Als es wärmer geworden war, floss der Schlamm von den Berghängen in das Tal herab, auf das Eis, wie ein großer Lavastrom. Und in diesem Schlammstrom befanden sich auch die Kadaver der Mammut-Tierwelt, die in der weltweiten Sintflut der Tage Noahs umgekommen ist. Im Sommer, wenn das Schmelz- und Regenwasser über das Eis floss, trug es auch die einzelnen Knochen und ganzen Kadaver über das Eis in diese Löcher. Wasser und Schlamm haben dann dieses Loch ganz zugefüllt, meistens bis zum oberen Rand hin.
Tafeln I, II, III
Die südliche Küste der Großen Ljachow Insel, auf drei fotografischen Tafeln
Was zeigen sie uns? Was erzählen sie uns über dieses fossile Eis oder „Stein-Eis“, wie von Toll es nennt, über seinen Ursprung?
Eduard von Toll: „Sie zeigen uns hier, in der gleichen Reihenfolge I, II, III, von Osten nach Westen, der Reihe nach, das steile Ufer der Südküste der Ljachow Insel. Das ist östlich von Wankin-Stan, an der Mündung des Wankina Flusses. Betrachten wir zuerst die Tafeln I und II. Die Eiswand ist hier etwa 50-60 Fuß (15-18 m) hoch. Sie fällt senkrecht herab. Ihr oberer Teil hängt über. Die senkrechten Streifen auf den Eiswänden sind beim Tauen entstanden, vom Wasser, das herunter tropft. So sind auch die parallelen Furchen entstanden, die man besonders klar auf der Tafel II sieht.
„Auf Tafel II, in der Mitte des Bildes, sehen wir zwei dunklere Stellen, die durch die ganze Dicke des Eises hindurchgehen. Das heißt, die Einsenkungen, wie oben beschrieben, des oberen Horizontes. Über ihm liegt dort eine ca. 2´ (61 cm) dicke Torfschicht. An einigen Stellen liegt die dünne Pflanzendecke direkt auf dem gefrorenen Eis und Lehm. Auf ihr wachsen jetzt die 70 verschiedenen Pflanzenarten, die Dr. Bunge dort versammelt hat.
„Diese zwei Streifen, die in der Mitte dieser Wand stehen, stehen eng zusammen. Eine nur 2-3 Fuß (61-91 cm) breite Eismasse trennt sie voneinander. Diese Streifen bestehen aus waagerechten Eis- und Lehmschichten. Das kann man hier klar erkennen. Wenn man sich das Bild etwas genauer ansieht, erkennt man oft Lücken zwischen den Schichten. Diese Lücken entstanden, wenn die helleren Eisschichten schneller schmolzen, als die dunkleren Lehmschichten. Rechts von den beiden mittleren Streifen sehen wir einen ähnlichen. Er beginnt am Boden der Wand. Doch er kommt nicht ganz bis zur Oberfläche herauf: Das Eis umschließt ihn von allen Seiten, gerade so wie den, den wir links vom mittleren Streifen sehen.
„Tafel III zeigt uns, wie das Stein-Eis-Profil schmilzt, und wie es sich verändert. Wir sehen hier, wie sich die Eiswand in einem Halbkreis auf das Land zurückgezogen hat. Die Eiswand, die zuerst senkrecht am Strand stand, bildet jetzt den Hintergrund vom vorderen Teil der Insel. Auf ihm erheben sich Reihen von Kegel- und Pyramidenförmigen Hügeln. Das ist die geschichtete Eismasse, die die Risse des Eises gefüllt hat (= die senkrechten Löcher im Eis). Sie blieben stehen, während das Eis um sie herum wegschmolz. Der Vordergrund zeigt die Schichten des oberen Horizontes, die herabgefallen sind, weil sie ihr Gleichgewicht verloren. Und es zeigt uns die Lehmmassen, die herunter geflossen sind, und die jetzt wieder gefroren sind. Es sieht aus wie ein Feld abgekühlter Lava.
„Diese Bilder sprechen eine klarere Sprache, als irgendeine Beschreibung. Sie zeigen uns, dass das Eis zweifellos die ältere Formation ist, und dass die Profile, die sich vom Eis als dunklere Streifen unterscheiden, später entstanden sein müssen. Wie passt das nun mit den Zuständen zusammen, die dies zu widerlegen scheinen, wie man das auf Tafel II sieht? Über der jüngeren Formation liegt dort die ältere: nämlich die Streifen, links und rechts im Bild, mit Lehm gefüllt. Das Eis schließt sie auf allen Seiten ein. Wir können uns die Geschichte diese quartären Formationen, in ihren verschiedenen Phasen, so vorstellen:
„Während der ersten Phase gab es eine Eisschicht. Und die hat offensichtlich die ganze Insel bedeckt, außer den vier Bergen. Wie dick diese Eismasse war, wissen wir nicht, weil wir ihren Boden nirgends sehen können. Aber ihre sichtbare Dicke schwankt zwischen 20-70´ (6-21 m). Diese Eisoberfläche wurde offensichtlich auseinander gerissen und war gespalten. Sie hatte viele schmale Spalten. Sie durchschnitten die ganze Dicke der sichtbaren Schicht.
„Während der zweiten Phase wurden diese Spalten und Kanäle langsam gefüllt, Schicht um Schicht, mit dünnem Eis, Lehm und Sand. Oder die Spalten (= senkrechten Löcher im Eis) schlossen sich wieder, als sie teilweise mit Lehm und Eis gefüllt worden waren. Nur so können wir uns die Verhältnisse auf der Tafel II logisch erklären. Als das geschehen war, kam die nächste Phase.
„Jetzt wurden die Sedimente ausgetrockneter Seen, mit den Überresten ihrer Tierwelt, abgesetzt, die manchmal auch das Eis bedeckten. Oder es bildeten sich Sümpfe auf der wasserdichten Erde über dem Eis, deren Wasser allmählich dorthin geflossen ist. Oder der Wind hat den Lehm, der später gefror, dorthin geweht. Auf den Torf der Sümpfe wurden dann Lehm und Sand gespült. Dann fing die heutige Pflanzenwelt an, zu wachsen.“ Toll, E. von (1895:58, 59).
Steilufer einer alten Eisschicht im Norden Jakutiens (am Strand der Dmitrija Laptewa Straße). Foto von S. V. Tomirdiaro. Aus: S. V. Tomirdiaro (1984:142) Bild 15.1. Das ist altes Aufeis. Diese Eisschicht ist mit vielen senkrechten Löchern übersät. Sie sind angefüllt mit dünnen Schichten von klarem Eis und Schlamm, die sich einander abwechseln. Ein Forscher steht auf einem Schlammhaufen, den Resten einer dieser senkrechten Säulen. Als das Eis zurück schmolz, blieben die senkrechten Säulen stehen, fielen in sich zusammen und schmolzen.
Eine Schicht fossiles Eis an der Dmitri Laptev Straße, at der Küste Nord-Jakutiens. Nach: S. V. Tomirdiaro (1996:59). Diese Eiswand ist 25 m hoch. Auf dem Eis liegt eine dünne Schicht Tundra. Sie sorgt dafür, dass das Eis unter ihr im Sommer nicht schmilzt. In diesem alten Aufeis sitzen die senkrechten Säulen aus abwechselnden Schichten von gefrorenem Ton und klarem Eis, wie in einer Konservendose. Dieses Eis hat fort früher den größten Teil des Festlandschelfs bedeckt. Er erstreckt sich etwa 400 km weit nach Norden.
Dieses fossile Eis ist kurz nach der weltweiten Sintflut der Tage Noahs, im Jahre 2370 v.u.Z. entstanden, gemäß der biblischen Zeitrechnung. Plötzlich umhüllte den Hohen Norden tiefe arktische Kälte, viel kälter, als es dort jetzt ist. Die Flusse Nordost-Sibiriens, wie die Lena, Jana, Indigirka und Kolyma, die nach Norden fließen, gefroren dann im Winter bis zum Boden. Dort floss dann das Wasser – im Sommer und im Winter – auf dem Eis, über das Eis, und im Winter gefror es. In wenigen Jahren füllte dieses Aufeis, 20 bis 50 m dick, die Täler und Küstendeltas.
Dann wurde es wärmer. Spalten erschienen im der Eisschicht. Im Sommer floss das Schmelzwasser in diese Eisspalten und schnitt große senkrechte Löcher in dieses Eis. Dann füllte es diese senkrechten Löcher abwechselnd nacheinander mit einer Schicht klarem Eis und einer Schicht Schlamm oder Lehm. Manchmal spülte das Schmelzwasser einen ganzen gefrorenen Körper eines Wollhaar-Mammuts in eines dieser senkrechten Löcher im Aufeis. – Zuerst ist die Eisschicht entstanden, dann die senkrechten Löcher in ihnen, und dann die dünnen Eis- und Lehmschichten in diesen Löchern. Das hat nichts mit Eiskeilen zu tun.
Eine Schicht fossiles Aufeis, mit senkrechten Löchern darin, am Ojagosskij Yar Steilhang, in Nord-Jakutien, südlich der Sibirischen Inseln. Nach: S. V. Tomirdiaro (1984:143) Bild 15.2. Was bedeutet das? Wie ist das entstanden? Betrachten wir das der Reihe nach, von unten nach oben. Die folgenden Zahlen stammen aus dieser Zeichnung. 6: Zuerst, am Boden, liegen Meeres-Sedimente. 4: In diesen Meeres-Sedimenten wuchs ein Eiskeil, über 5 m hoch. 5: Kies, Schotter, eckige Steine bedeckten dann diese Meeres-Sedimente etwa 4 m tief. 4: Dann bedeckte eine Schicht Aufeis diese Geröllschicht. Diese Eisschicht war mindestens 20 m dick. Dann erschienen Spalten in der Eisdecke. Und im Sommer floss dann das Schmelzwasser in diese Spalten. Sie schnitten große, runde, senkrechte Löcher in diese Eisschicht, mindestens 20 m tief.
3: Zuerst floss nur klares Wasser in diese senkrechten Löcher. Das sind Schichten von sehr feinen, aufeinander liegenden, ununterbrochenen Eisschichten. Sie füllten den Boden der Löcher in diesem Aufeis etwa 2 m tief. 2: Weiter oben, bis zum oberen Rand der Eisschicht, finden wir dann dies in den Erdsäulen: Schichten von Eis und Schichten von Eis gemischt mit Erde. Auch einige Lehmschichten, die viel Torf enthalten. Diese einander abwechselnden Schichten von klarem Eis, Lehm und Torf füllten dann das senkrechte Loch im Aufeis etwa 18 m tief, bis zum oberen Rand der Eisschicht. 1: Eine Erdschicht bedeckt die Oberfläche der 20 m dicken Schicht Aufeis. Dieser heutige Tundra-Boden hat eine Tiefe von ein paar Zentimetern bis zu etwa einem halben Meter. Wir sollten hier bedenken: Im Sommer taut auch die Oberfläche dieses alten Aufeises etwas, weil der Tundra-Boden, der dort das Eis bedeckt, nicht sehr dick ist. Deshalb muss dieses Aufeis zuerst noch viel höher als 20 m gewesen sein.
Ergebnis
Dieses fossile Eis besteht nicht aus großen Eiskeilen, wie einige fälschlicherweise behaupten. Das Eis war zuerst dort. Es ist altes Aufeis. Aufeis entsteht, wenn das Wasser eines Flusses im Winter oben auf dem Eis fließt. Schicht um Schicht dieses Wassers, das auf dem Eis fließt, gefriert dann. Es füllt das ganze Tal dann mit Eis. Das Schmelzwasser hat dann große senkrechte Löcher in dieses Aufeis gewaschen. Und das Wasser, das oben auf diesem Eis fließt, floss auch in diese senkrechten Löcher. Wenn dieses Wasser schlammig war, legte es eine dünne Schicht Lehm auf dem Boden dieses senkrechten Loches ab. Wenn das Wasser klar war, legte es eine dünne Schicht klaren Eises auf dem Boden dieses senkrechten Loches ab. Das ging so weiter, bis das Loch bis oben hin gefüllt war. Diese senkrechten Säulen von geschichtetem Eis und Lehm sitzen in der dicken Schicht alten Aufeises, wie eine Dose. Große Eiskeile sind dann auch gewachsen. Aber das ist etwas anderes. Wir müssen das klar auseinander halten.
Eisklippen am Kotzebue Sund (Meerenge), West Alaska, an der Bering Straße. Aus: R. D. Guthrie (1990:XI). Auch östlich der Bering Straße finden wir große Eisklippen. Dort haben sie auch viele Mammut-Stoßzähne und auch ganze gefrorene Körper gefunden. Die Mammut-Stoßzähne und gefrorenen Körper liegen in der Erdschicht, über dem Eis, nicht im Eis selbst. Die Forscher suchen hier nach Mammut-Stoßzähnen. Unten links im Bild haben sie die Mammut-Stoßzahne, die sie dort gefunden haben, aufgestapelt.