Kapitel 2: Radiokohlenstoff-Datierung und ihre Probleme

 

Vor welchen Problemen steht man, wenn man ein bestimmtes Fossil richtig mit der Radiokohlenstoff-Methode datieren möchte? Wie zuverlässig sind diese Daten?

 

Thomas W. Stafford, Jr., arbeitet am Zentrum für Geochronologische Forschung INSTAAR, Universität von Colorado, in Boulder, Colorado. Er berichtet über seine Ergebnisse in: Aussterben der Spätpleistozänen Megafauna und die Clovis Kultur: Absolute Alter mit dem Beschleuniger 14C von Skelettüberresten datiert, in: Megafauna & Man, 1990, L. D. Agenbroad et al. (eds.), Hot Springs, Süddakota:

 

„Knochen 14C-Daten enthalten oft einen Fehler von 2.000 bis 5.000 Jahren... Es ist schwierig, mit fossilen Knochen zu arbeiten, weil er eine komplexe Matrize ist, die im Laufe der geologischen Zeit immer heterogener (ungleichartiger) wird. Das anorganische Mineral des Knochens, kohlensaures Hydroxyapatit (Dahlit), enthält natürliche Mengen von CO3-2, das sich mit dem Grundwasser, mit dem Boden und kohlensauren Salzen vermischt, die aus dem Boden stammen. Dadurch verunreinigen sie seinen 14C-Gehalt. Die übrigen 20% (nach Gewicht) des Knochens bestehen aus organischer Materie, vorwiegend aus dem Protein-Kollagen, plus kleiner Mengen anderer Proteine (z. B. Osteoneztin und Osteozalcin), Lipoide, und Peptide.

 

„Im Laufe der geologischen Zeit verlieren diese organischen Bestandteile chemische Eigenschaften, die sie leicht trennbar machen. Die Proteine denaturieren, hydrolisieren und werden aus dem Knochen ausgelaugt. Und schließlich sickern beträchtliche Mengen an fremden Humaten und Peptiden in den Knochen aus den umliegenden Sedimenten und den Böden ein. Das Ergebnis ist eine komplexe und heterogen-organische Chemie.“ (1990:118).

 

„Nur wenn man die XAD-gereinigten Phasen benutzt, kann man eine konsequente Genauigkeit erlangen. Fragmente, wie ganzes Kollagen, Basis-ausgelaugtes Kollagen, und Gelatine sind die Fragmente, die man früher benutzt hat und auch noch heute benutzt, um Knochen 14C zu datieren. Daten die man aus diesen Fragmenten gewonnen hat, sollte man als fragwürdig betrachten, weil man nicht wissen kann, wann ihre 14C-Daten gültig oder ungültig sind, zum Beispiel von den Domebo und Dent Mammuten.“ - Stafford, T. W. (1990:119).

 

„Die Radiokohlenstoff-Datierung der einzelnen Aminosäuren aus dem Del Mar fossilen Knochen und aus dem Tepexpan menschlichen Fossil bestätigen den Schluss, dass schlecht erhaltene Fossilien auf molekularem Niveau verunreinigt sind. ... Die Ergebnisse zeigen uns, warum eine Altersbestimmung, die man aus nur einem einzelnen chemischen Fragment errechnet hat, nicht absolut beweisen kann, wie alt es ist, auch wenn das datierte Fragment eine bestimmte Aminosäure ist.“ (1991:54, 55).

 

„Kollagene Knochen ergeben genaue 14C Daten, weil man sie vorher chemisch reinigt. So kann man schließlich daraus dann ein Fragment gewinnen, das nicht verunreinigt ist. Nicht-kollagene Knochen sollte man nicht 14C datieren, weil der organische Kohlenstoff des Knochens zu einem großen Teil bis zu 100% aus fremdem organischen Material besteht. Man kennt heute noch kein Verfahren, durch das man aus schlecht erhaltenen Knochen ein absolutes 14C Datum errechnen kann

 

„Man erhält viele falsche 14C-Daten aus kollagenen Knochen, weil man ein chemisches Fragment benutzt, das fremden Kohlenstoff enthält, gewöhnlich humine und fulvische Säuren. Heterogene und chemisch unreine Fragmente wie Säure-unlösliches Kollagen, Gelatine oder Basis-ausgelaugtes Kollagen enthalten sehr wahrscheinlich humate Verunreinigungen. Die Daten, die man von den Domebo und Dent Mammuten und von den Del Mar und Anzick menschlichen Fossilien erhalten hat, beweisen, dass diese chemisch schlecht charakterisierten Fragmente einige Fossilien genau datieren. Und bei anderen kann der Fehler Tausende von Jahren betragen. Nur wenn man sehr gereinigte Hydrolysate, einzelne Aminosäuren oder beide datiert, kann man bei kollagenen Fossilien eine konsequente Genauigkeit erreichen.

 

„Einige nicht-kollagene Knochen kann man mit den heutigen Techniken überhaupt nicht datieren. Und zwar, weil sie nur wenig oder gar kein endogenes (eigenes) Protein mehr enthalten. Das einzige Fragment, das im nicht-kollagenen Knochen noch irgendeinen Wert hat, sind die ‚Humin‘-Fragmente. Sie bestehen aus hoch-molekularen Gewichts-Rückständen, die der ätzenden Hydrolyse gegenüber resistent sind. Die ‚Humin‘-Rückstände können zum Teil von endogenen Aminosäuren stammen. Aus diesen Knochen kann man nur das Mindestalter errechnen.“ - Stafford, T. W. et al. (1991:65).

 

„Das wichtigste Ergebnis aus unseren Experimenten ist, dass kein molekulares Fragment und kein Vorbehandlungs-Protokoll die Genauigkeit einer 14C Messung garantieren wird. Sedimentäre Umgebungen, geochemische Zyklen und diagenetische Prozesse sind zu komplex, um irgendein Datierungs- oder Vorbehandlungs-Protokoll vorschreiben zu können. Das 14C-Datieren auf molekularer Ebene muss man mit hochwertigen litho- und biostratigraphischen Fakten verbinden, um sicherzustellen, dass man so viele Fehler wie möglich ausschaltet.“ - Staffford, T. W. et al. (1991:61).