Kapitel 5: Alte bewohnte Höhlen: wie alt?

 

In vielen Teilen Südwest Europas und in einigen Teilen Mittel- und Ost Europas gibt es alte Felsüberhänge und Kalksteinhöhlen. Unter einigen dieser Felsüberhänge und in einigen dieser Kalksteinhöhlen haben früher einmal Menschen gelebt. Dort haben sie zuerst das Mammut, das Fellnashorn, den Bison, das Wildpferd und viele andere Arten von Tieren gejagt. Sie malten und zeichneten diese Tiere sogar an die Wände ihrer Höhlen und schnitzen sie aus Elfenbein und formten sie aus Ton. Ich bin zweimal nach Südwest Frankreich gefahren, um mir dort diese Höhlen und ihre Gemälde und Zeichnungen anzusehen. Wann haben diese Menschen dort gelebt? Und wann haben die Mammute, die sie jagten, dort gegrast? Vor wie vielen Jahren. Wie zuverlässig sind die Radiokohlenstoff-Daten, die man aus diesen alten Höhlen veröffentlicht hat? Wie glaubwürdig sind sie? Was haben Wissenschaftler jetzt darüber herausgefunden?

 

 

Eingraviertes Mammut (der ‘Patriarch’) in der Höhle von Rouffignac, Dordogne, Südwest Frankreich. Mittleres - spätes Magdalenien. Länge 71 cm. (Foto: J. Vertut). Aus: A. J. Sutcliffe, On the Track of Ice Age Mammals (1985:89) Bild 8.3f. Das Fell des Wollhaarmammuts in Südwestfrankreich war ebenso lang wie das des nordsibirischen Mammuts.

 

Gunnar Heinsohn ist Professor an der Universität von Bremen. Er hat nichts mit der Bibel zu tun. Er versucht weder, die Bibel zu bestätigen, noch sie zu widerlegen. Er hat seine Forschungsergebnisse in seinem Buch veröffentlicht, Wie alt ist das Menschengeschlecht?, Gräfeling bei München, 2000:

 

„Es sind mittlerweile die voller Stolz gepflegten langen Zeiträume selbst, die paläoanthropologische Archäologen an der stratigraphischen Methode der Chronologiebildung – mithin an ihrem wichtigsten Zeiteichungsinstrument – irre werden lassen. Wenn die Archäologen – wie beispielsweise in der Geißenklösterle-Höhle – 50 cm bis 60 cm Kulturschutt auf 10.000 Jahre verteilen müssen (Hahn 1988:101), sind sie zu einer Feinschichtung dieses halben Meters genötigt, der pro Jahr im Durchschnitt nur einen Zwanzigsten Millimeter Überreste hergibt.“ - Heinsohn, G. (2000:8)

 

„Versteinerungen von organischem Material brauchen in der Tat ungewöhnliche, also katastrophische Bedingungen und dürfen deshalb nicht beliebig häufig erwartet werden. Wie aber steht es mit den Artefakten, die von vornherein aus Stein gemacht sind? Die frühesten Steinwerkzeuge des Menschengeschlechts werden auf ca. –2.5 Millionen oder gut 160.000 Generationen datiert. Englands Geschichte von Wilhelm dem Eroberer bis heute enthielt gerade 60 solcher Generationen. Und ‚anders als Knochen, die nur selten zu Fossilien werden, sind Steinwerkzeuge so gut wie unzerstörbar‘ (Leaky 1994:12)

 

„Da jedes aktive Individuum während seines Lebens viele, womöglich Dutzende von Steinwerkzeugen einsetzt und etliche durch Beschädigung unbrauchbar macht, müssen wir allein für die 160.000 Generationen mit Millionen von Steinwerkzeugen rechnen. Auf die Individuen umgeschlagen wären also viele hundert Millionen Steinwerkzeuge angefallen. Warum auch sie im archäologischen Befund nur in einem extrem winzigen Prozentsatz angetroffen werden, wird den Lesern nicht erklärt. Sie werden in der Literatur auf dieses Problem nicht aufmerksam gemacht. Dasselbe gilt für den eklatanten Mangel an Feuerstellen, die erwartet werden müssten, wenn sie wirklich seit 700.000 Jahren errichtet wurden.“ - Heinsohn, G. (2000:11)

 

„Für den Beginn von Homo erectus in Eurasien vor nunmehr 1,8 Millionen Jahren statt bisher 0,7 bis 1 Million Jahren gibt es keinerlei Evidenz. 800.000 zusätzliche Jahre eurasischer Geschichte eines Feuer und Steinwerkzeuge benutzenden Menschen über mehr als 50.000 Generationen hinweg müssten gewaltige Mengen kulturellen Schutts hervorgebracht haben. Doch davon sehen wir so gut wie nichts. Die Erectus-Fundmengen in den am besten stratifizierten Höhlen reichen nur für ganz wenige Generationen.“ - Heinsohn, G. (2000:21)

 

 

Stratigraphie von El-Castillo/Santander

 

„Ab –4.500 Neolithikum bis –700.000 Lehm ohne Werkzeuge, aber Herdspuren (Homo erectus?)

 

„Da Castillos Ablagerungen von 18-20 m Höhe nirgendwo übertroffen werden, bezeugen sie womöglich das Maximum an Zeit, das vom Erectus bis zum Neolithikum durchmessen wurde. Wie dem auch sei, eine Kürzung der El-Castillo-Chronologie um den Faktor 100 von –700.000 Jahren auf –7.000 Jahre erbrächte eine Chronologie, gegen die stratigraphisch und von der Fundmenge her keineswegs etwas spricht. Eher würde man den Zeitraum für noch zu lang halten, also zögern, der untersten Herdschicht ein ganzes Hundertstel von 350.000, also volle 3.500 Jahre einzuräumen. Eher einleuchten würden etwa 5.000 Jahre für die gesamte Hominidengeschichte Eurasiens vom Erectus bis heute. Eine solche Zeitspanne auf archäologischem Wege – also durch für längere Zeiten sprechende Fundmengen – auszuhebeln, dürfte nicht leicht fallen.

 

„Heribert Illig (1988:145ff) hat etwa 4.000 Jahre für die Zeit von der Entstehung des Jetztmenschen bis heute vorgeschlagen. ... Nunmehr wird vorgeschlagen, diesen 4.000 Jahren höchstens noch ein weiteres Jahrtausend für Erectus und Neandertaler zuzuschlagen. Die berühmten 5.000 Jahre, die man heute allein der Hochkultur ab der Bronzezeit zuschreibt, reichten archäologisch für die gesamte eurasische Hominidenzeit und zwängen auch in Geologie und Biologie zur Revision darwinisierender Zeitspannen.“ - Heinsohn, G. (2000:85)

 

„Illigs Herabdatierung des Aurignacien-Beginns von –30.000 auf –2.000, also um den Faktor 15, fällt zwar weniger radikal aus als beim Inuit-Knochenschaber (um den Faktor 20) oder gar bei Müller-Karpes Nachsinnen über Zwischenschichten der Erectus-Zeit (um den Faktor 100), ist aber kaum aufgegriffen worden“. - Heinsohn, G. (2000:87)

 

„Genauer als durch die technische Evolution von Werkzeugen lässt sich anhand ihrer absoluten Zahl pro Siedlungsort etwas über dessen Nutzungszeit aussagen. Eine folgenreiche Kontroverse über das Felsdach Combe Grenal/Dordogne zwischen dem Ausgräber F. Bordes (1961; 1972a) einerseits und den amerikanischen Archäologen Louis und Sally Binford (1966; 1968; 1969) andererseits könnte sich diesbezüglich als sehr aufschlussreich erweisen. Bordes begann die Ausgrabung des Felsdaches im Jahre 1953. Schon vorher wusste man von der seit 1816 bekannten Fundstätte, dass sie vor allem Moustérien-, d. h. Neandertalerwerkzeuge aufwies.

 

Heute werden die auf Ablagerungen von maximal 4 m ermittelten 55 Kulturschichten der Neanderthaler von Combe Grenal denn auch zwischen –90.000 und –30.000 datiert. Bordes ‚wusste‘ gewissermaßen von vornherein, dass er Hinterlassenschaften von etwa 60.000 Jahren bzw. etwa 4.000 Generationen (bei Erstgebären der Fünfzehnjährigen) ans Tageslicht fördern würde. Im Durchschnitt mussten 6 bis 7 cm Ablagerungen für ein Jahrtausend bzw. 66 Generationen ausreichen. Combe Grenals Schichtenmenge hatte einen Zeitraum zu bedienen, der fast das Fünfundzwanzigfache der gesamten abendländischen Zivilisation umgreifen musste.

 

„Die Moustérien-Schichten in Combe Grenal ‚sind zweifelsfrei die datenmäßig am besten erschlossenen der Welt‘ (Binford/Binford 1969:84). Die Höhle soll gleichzeitig von 35 bis 40 Individuen bewohnt gewesen sein. Insgesamt 19.000 Steinwerkzeuge (bzw. die Reste davon) wurden gefunden. Im Durchschnitt kam damit auf alle drei Jahre ein einziges Steinwerkzeug für die gesamte Einwohnerschaft. Sally Binford (zuerst 1968) und Louis Binford hatten nun ermittelt, dass unterschiedliche Werkzeuge des Moustérien nicht etwa für unterschiedliche Stammestraditionen oder gar Epochen stehen, sondern für verschiedene Funktionen in Anwendung kamen (wie Jagen, Schlachten, Bauen, Lebensmittelzubereitung, Häutebearbeitung, Kochen, Werkzeugrohstoffgewinnung, Brennstoffgewinnung, Werkzeugherstellung etc.).“ - Heinsohn, G. (2000:90)

 

„Entsprechend verfügte jede einzelne Gruppe von Hominiden über einen sehr ‚großen Satz von Werkzeugen‘ (Pfeiffer 1978:166). Mit höchst anspruchsvollen mathematischen Analysen konnte ermittelt werden, dass etwa ein Satz Bauwerkzeuge (Holzbearbeitung etc.) zwölf verschiedene Steingeräte umfasste. Beim Töten und Zerlegen von Tieren kamen zehn, bei der Lebensmittelzubereitung wiederum sieben andere zum Einsatz. Vier Geräte dienten für Zermahlen und Häkseln, sechs für Ledergewinnung etc. (Pfeiffer1978:169)

 

„40 der 55 Schichten von Combe Grenal wiesen genügend Werkzeuge auf, um statistisch befriedigende  Ergebnisse zu gewinnen. Vierzehn (vielleicht sogar siebzehn) verschiedene Werkzeugsätze mit jeweils 4 bis 12 verschiedenen Einzelgeräten konnten dabei mit der Binford-Methode ermittelt werden. Unterstellt man, dass von Combe Grenal jeweils 40 Bewohnern auch nur 20 jeweils ein Drittel, also fünf der Werkzeugsätze à 8 Einzelgeräten besaßen, müssen an die 800 Einzelstücke gleichzeitig verfügbar gewesen sein. Selbst wenn man unterstellt, dass die Geräte eine ganze Generation (also 15 Jahre) lang in Gebrauch waren, kommt man bei 4.000 Generationen nicht etwa auf 19.000, sondern auf 3.200.000 Werkzeuge bzw. ihre Überreste. Gewiss kann nicht angenommen werden, dass alle ausgedienten Werkzeuge in den Schichten wiedergefunden werden, so dass hier erhebliche Unsicherheiten bleiben. Diese werden aber durch die Annahme eines Werkzeuggebrauchs von 15 Jahren mehr als aufgewogen, da schon beim Zerlegen eines einzigen Tieres oder beim Entfetten einer einzigen Haut etliche Geräte unbrauchbar werden können.

 

„Könnten mithin die55 Schichten von Combe Grenal statt für 55 Jahrtausende mit viel mehr Recht für lediglich 55 einzelne Jahre stehen? Dafür spricht, dass etliche Straten sich als reine Sommerschichten erwiesen (Pfeiffer 1978:177). Wäre eine einzige solche Schicht aber nicht nur einen, sondern durchschnittlich 1.000 Sommer lang genutzt worden, wie Bordes und seine Kontrahenten glauben, dann hätte auf den durchschnittlich 6-7 cm pro Schicht doch eine interne Stratifikation in jeweils maximal tausend Unterschichten sichtbar werden müssen. Nach dem Sommer liegengelassene Reste wären in der rauen Jahreszeit eingeweht worden, wovon hier und dort Reste hätten bleiben müssen, die aber nicht gefunden wurden.“ - Heinsohn, G. (2000:92, 93)

 

„Würden die 19.000 Werkzeuge aus Combe Grenals 55 Schichten, die jetzt für 60.000 Jahre herhalten sollen, übermäßig viel Gerät für lediglich 55 Jahre darstellen? Weniger als 350 Steingeräte für die Verrichtung von 40 Menschen an 365 Tagen des Jahres würden dabei herauskommen. Die 40 Menschen von Combe Grenal hätten, statistisch gesehen, zusammen jeden Tag lediglich ein einziges Steinwerkzeug ‚verbraucht‘. Wäre eine solche Abnutzungsquote als übertrieben abzuweisen?

 

„Es geht hier nicht darum, Combe Grenals 60.000 konventionelle Jahre willkürlich auf weniger als 60 Jahre zu reduzieren. Ohne eine Neueinschätzung der materiellen Hinterlassenschaften auch vergleichbarer Fundorte auf dem Hintergrund realistischer Annahmen über Brennstoff-, Material- und Lebensmittelverbrauch eines Menschen pro Jahr sind verantwortbare Ergebnisse nicht zu gewinnen. Aber schon eine Reduzierung von Combe Grenals konventionell unterstellten 4.000 Generationen auf – sagen wir ganz beliebig – 40 Generationen erwiese die wissenschaftliche Haltlosigkeit der herrschenden Chronologie.“ - Heinsohn, G. (2000:93)

 

 

Konventionelle und wirkliche, verkürzte archäologische Zeitrechnung

 

Archäologische Zeit

Konventionelles Alter

Wirkliches, verkürztes Alter

Eisenzeit

 

Bis heute

Bronzezeit

-1.200

Bis -600

Jungsteinzeit

-3.000

Bis –900/800

Jüngere Altsteinzeit

-6.000/4.500

Bis –1.400

Mittlere Altsteinzeit

-30.000

Bis –2.100

Ältere Altsteinzeit

-125/100.000

Bis –2.500

 

-700.000

-3.000

 

Nach Heinsohn, G. (2000:112). Das Minuszeichen vor der Zahl zeigt an, dass es vor unserer Zeitrechnung ist. Die Zahl -600, zum Beispiel, bedeutet, dass die Bronzezeit 600 vor unserer Zeitrechnung geendet hat, oder vor etwa 2600 Jahren. Dies zeigt uns auch, dass das Wollhaarmammut der Altsteinzeit und seine Begleiter bis vor etwa –2.500 B. C. oder bis vor etwa 4.500 Jahren gelebt haben.