Kapitel 2: Azonale Trockene Lößsteppe

„Mit einer dicken Vulkanstaub-Schicht, welche die ehemalige Oberfläche nach dem Ausbruch (des Vulkans) isolierte, muss der Permafrost schnell angestiegen sein. Der Erdboden und die Pflanzen unter der Asche gefroren und bewahrten die Merkmale der alten Erdoberfläche. Später wurde sie (durch Erosion) freigelegt und bot uns so einen einmaligen ‚Schnappschuss‘ von dieser hochglazialen Landschaft.“ - Höfle, C. et al. (2000:145).

Wie viel Futter hätte das Wollhaar-Mammut in dieser „hochglazialen Landschaft“ gefunden, die der Wind mit Löß bedeckt hat? Sie liegt zwischen der azonalen trockenen Lößsteppe und der trockenen nördlichen Tundra und polaren Halbwüste und wächst auf sehr trockenem Boden. Solch eine azonale trockene Lößsteppe finden wir jetzt im südlichen Teil des subarktischen Yukon Territoriums. Die nördliche Tundra wächst jetzt im nördlichen Teil der arktischen Tundra, in der Nähe des Eismeeres. Und die polare Halbwüste finden wir heute nördlich der Eismeer-Küste finden, auf den arktischen Inseln. Wie viel oberirdische Pflanzenmasse (Trockengewicht) wächst dort jetzt im Jahr? Könnte sie das Mammut, könnte sie ganze Herden von Mammuten, ernähren? Wie viel Roheiweiß enthält dieses Futter während des langen Winters, wenn die Pflanzen schlafen? Was hat man jetzt über den „Beringischen Produktivitäts-Widerspruch“ herausgefunden?

N.F. Laxton, C.R. Burn und C.A.S. Smith berichten in der Zeitschrift Arctic, Bd. 49, Nr. 2 (Juni 1996) S. 129-140 über die „Produktivität von Weideland auf Lößboden im Kluane See Gebiet, Yukon Territorium, und den Beringischen ‚Produktivitäts-Widerspruch‘“:

„Der Beringische ‚Produktions-Widerspruch‘ besteht darin: Auf der einen Seite gibt es viele Beweise dafür, dass große Huftiere den nicht vereisten Teil des nordwestlichen Nordamerikas und das benachbarte nordöstliche Asien während des späten Pleistozäns bewohnt haben. Die botanischen Daten aus der gleichen Zeit zeigen uns, dass dort damals eine recht unproduktive Tundra gewachsen ist. Es ist nicht klar, wie sich die großen Tiere dort dann ernähren konnten. Aber Teile von Beringien, wo der Wind den Löß hinwehte, könnten so viel Futter erzeugt haben, dass diese Tiere dort leben konnten. Der Lößboden ist in diesen Gebieten heute im Sommer warm und trocken. Und man benutzt ihn oft als Weideland. Wir haben die Löß-Hypothese auf dem Weideland im Kluane-See-Gebiet untersucht, im Südwesten des Yukon Territoriums. Und zwar an Stellen, wo der Wind vor kurzem Löß aus dem Slims Fluss-Delta hingeweht hat. Die Biomasse und Artenvielfalt in diesem Weideland rund um den See erhöhen sich, je mehr Silt (Löß) dort im Boden vorhanden ist.“ - Laxton, N. F. et al. (1996:129)

„Vor kurzem haben Hoefle et al. (1994) auf der Seward Halbinsel, Alaska, alten Erdboden (paleosols) entdeckt, der 17.000 Jahre alt ist. Diese Erde wurden von Vulkanstaub begraben und gehörte dann zum Permafrost. Und er ist seit dieser Zeit gefroren geblieben. Dieser alte Erdboden ist im Löß entstanden. In allen Schichten haben sich feine Wurzeln erhalten. Die aktive Schicht in diesem alten Boden war 40-70 cm tief. Heute ist sie dort im Boden 30-40 cm tief... Büschel-Gräser und niedrige Holzpflanzen wuchsen dort. Sie deuten darauf hin, dass dieses Gebiet mindestens kleine Säugetiere ernährt haben könnte. ... Die Umwelt in diesem Gebiet, das man am Südufer des Kluane Sees untersucht hat, ähnelt sehr den fruchtbarsten Stellen (‚hot spots‘), die wahrscheinlich im Duvanny Yar (= in der Letzten Eiszeit) gewachsen sind.“ – Laxton, N. F. et al. (1996:130, 131).

Kluane See Gebiet: „Die Sankt Elias Berge bilden ein prominentes topographisches Hindernis zwischen dem nordöstlichen Pazifischen Ozean und dem Nordwesten Nordamerikas. Die Icefield Ranges bilden den Kern dieser Berge und ernähren die größten Eisfelder im kontinentalen Nordamerika. Der Kluane See liegt im Shakwak Graben, am Fuß des Kluane Gebirges, dem östlichsten Teil der Sankt Elias Berge.“

Klima: „Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem Klima im Südwesten und Nordosten der Sankt Elias Berge. Die Berge schaffen nicht nur einen Regenschatten auf den Berghängen im Innern des Lands (auf der Windschattenseite der Berghänge). Sie verhindern auch, dass viel Meeresluft in den Yukon eindringt. Dadurch bleibt das Wetter im Winter kühl, antizyklonisch. Das Ergebnis ist ein semiarides, kontinentales Klima am Kluane See, mit kalten Wintern und warmen, aber kurzen Sommern.

„Die Dürre im Gebiet des Kluane Sees ähnelt vielleicht der des Duvanny Yar (= der Letzten Eiszeit) Beringiens. Diese wurde nicht nur durch einen Regenschatten auf der Windschattenseite der Eisdecke verursacht, die das Küstengebirge bedeckte, sondern auch, weil sich das Bering Meer und das Tschuktschen Meer zusammenzogen (sich verkleinerten). Eine wichtige Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Gebieten ist der niedrige Schneefall (55 mm Schnee, nach der Wassermenge am Kluane See (Environment Canada, 1982). Dadurch kommen die Huftiere dann im Winter leicht an das Futter heran.“ – Laxton, N. F. et al. (1996:131, 132).

Aktive Lößabsetzung: „Das Slims Flussdelta umfasst 7 km² und besteht aus feinem Sand und Silt. Die Vegetation ist spärlich und wächst hauptsächlich auf Sedimenten in der Nähe der Berghänge (am Rand des Tales). Die Pflanzen wachsen dort nur spärlich und der Jahresniederschlag ist gering. Deshalb kann der Wind dort diese feinen Teilchen der Sedimente leicht fortwehen.“ (1996:132)

Vegetation: Wie viel Futter wächst jetzt auf diesem trockenen Lößboden am Kluane See?

Tabelle 2. Artemisia-Festuca Gesellschaften im Kluane-See-Gebiet (nach Johansen et al. 1989).

Weideland-Phase Futterproduktion 370 kg/ha (37 g/m²)

Espen-Phase Futterproduktion 480 kg/ha (48 g/m²)

Die Vegetation des Weidegebietes im Kluane-See-Gebiet ähnelt den fruchtbarsten Stellen, die in der Eiszeit (Duvanny Yar) in den offenen Landschaften Beringiens gewachsen ist. Damals gab es aber keine Weiß-Fichtenwälder, wie heute im Gebiet des Kluane Sees. ... Der Unterschied in der Menge der [pflanzlichen] Biomasse, die jetzt (am Kluane See) wächst, ist groß und sehr verschieden. Die Werte liegen zwischen 4,5 und 62 g/m²." – Laxton, N. F. (1996:133, 136)

 

Größeres Kluane Planungsgebiet

R. Johansen, M. White und M. Willoughby berichten darüber, wie viel Futter an bestimmen Stellen im Größeren Kluane Planungsgebiet wächst. 1989 Whitehorse:

Carex (Seggen-Wiesen)

Futterproduktion: 620 kg/ha (62 g/m²)

Wie lange ein Huftier davon leben kann: 9 ha/AUY (0.09 km²/AUY).

1 Tier-Einheit AU (Pferd oder Kuh) 455 kg. AUY = 1 Tiereinheit im Jahr - Johansen, R. et al. (1989:3, 4).

 

Artemisia-Festuca (Weideland/Park

Vegetation: Weideland-Phase:

Futterproduktion: 370 kg/ha (37 g/m²)

Wie lange 1 Tier davon leben kann: 15 ha/AUY (0,15 km²/AUY)

Espen-Phase

Baum: Populus tremuloides:

Futterproduktion: 450 kg/ha (45 g/m²)

Wie lange 1 Tier davon leben kann: 12 ha/AUY (0,12 km²/AUY)

Dies ist das produktivste trockene Weideland. Es versorgt die Haustiere mit gutem Futter. Es wird im Frühjahr früh grün. Und die Schneedecke ist im Winter nur dünn. Diese Pflanzendecke sollte man nicht zu stark nutzen, weil der Boden dann an den steilen Südhängen leicht ausgewaschen wird. Der Boden ist mit angewehtem Löß bedeckt.

Kluane See: Dieses Gebiet enthält das größte produktive Weideland. Die Artemisia-Festuca Gesellschaft ist überall am nordöstlichen Ufer des Kluane Sees dominierend. Diese Pflanzengesellschaft findet man, wo der Wind den Löß hinweht. Er stammt aus dem Schwemmland, das der Slims Fluss und der Donjek Fluss abgesetzt haben. - Johansen, R. et al. (1989:5, 6, 14).

Begriffe erklärt: Hektar je Tiereinheit Monat (AUM). Die geschätzte Anzahl von Hektaren, die man braucht, um eine Tiereinheit einen Monat mit Futter zu versorgen. Eine Tiereinheit (AU): Eine erwachsene Kuh (455 kg), die täglich 15 kg Trockenmasse an Futter braucht. Ein erwachsenes Pferd entspricht 1,25 AU. AUY = 1 Tiereinheit im Jahr. - Johansen, R. et al. (1989:36)

Anmerkung: Wir sollten hier bedenken: Diese Pflanzendecke, die jetzt am Kluane See wächst, liegt im südlichen Teil des Yukon Gebietes, an der Südgrenze des sporadischen Permafrostes, der nur an einigen Stellen auftritt. Das Klima ist subarktisch. Man kann es überhaupt nicht mit der arktischen Tundra an der Eismeerküste vergleichen, wo der Sommer so kalt und so kurz ist, dass dort keine Bäume wachsen können, wo zusammenhängender Dauerfrostboden vorhanden ist.

Wollhaar-Mammutbulle im mittleren Teil Nordsibiriens, mit wilden Steppenpferden im Hintergrund. Nach: A. J. Sutcliffe, On the track of the Ice Age mammals (1985), Britisches Museum (Naturkunde), London. Auf solch einer arktischen Pflanzendecke hätte dieser Elefant nicht leben können. Er wäre verhungert.