Kapitel 4: Moschusochsen-Ernährung

Wie viel muss der Moschusochse im Sommer und im Winter fressen, um sein Körpergewicht zu halten und zu wachsen?

Robert G. White, Dan F. Holleman und Mitarbeiter, Institut für Arktische Biologie, Universität von Alaska, Fairbanks, berichteten in Biol. Pap. Univ. Alaska Spec. Rep. Nr. 4:193-194 (1984) Zusammenfassung, über die „Saisonbedingten Änderungen in der freiwilligen Aufnahme und Verdaulichkeit der Nahrung durch gefangene Moschusochsen“:

Der 7 Moschusochsen, die wir in diesen Studien benutzten, wurden im Februar 1979 auf der Nunivak Insel als Kälber gefangen. Die Regression der Gewichtsänderung gegenüber der Futteraufnahme im Winter ergab eine vorhergesagte Trockenmasse-Aufnahme für Erhaltung von 35 g/kg0.75.Tag, während sie im Sommer 28% höher war und 45 g/kg0.75.Tag betrug. Die mittlere Verdaulichkeit der Trockenmasse (DMD) der Granulat-Nahrung (pellet diet) war 76 ± 4%.

Im Winter war die vorhergesagte tägliche verdauliche DMI bei Erhaltung 28 g/kg0.75.Tag, und im Sommer 34 g/kg0.75.Tag. Wenn wir annehmen, dass sie 83% metabolisieren, (Blaxter 1962, der Energiestoffwechsel von Wiederkäuern. C. C. Thomas, Springfield IL.) dann beträgt der tägliche MER (Stoffwechsel-Energiebedarf) 425 kJ (101 kcal)/kg0.75 im Winter und 28% mehr im Sommer. Bei diesen Körpergewichten (200-240 kg), der mittlere Stoffwechsel-Energiebedarf (MER), gemäß ARC (Landwirtschaftlicher Forschungsrat 1980). Diese Untersuchung zeigte, dass die freiwillige Futteraufnahme und der Stoffwechsel-Energiebedarf (MER) junger Moschusochsen saisongemäß schwankte. Der Stoffwechsel-Energiebedarf (MER) lag im Winter 28% niedriger als im Sommer... Das gekörnte Futter (pelleted diet) enthielt 18,1% Roheiweiß. - R. G. White et al. (1984:193)

Saisonbedingte Änderungen unbeabsichtigter Futteraufnahme, Erhaltungsenergiebedarf und Verdaulichkeit eines gemischten Granulat-Futters (pellet diet) plus Heunahrung in Moschusochsen.

Sommer 1979 102 ± 7 g/kg0.75.Tag, 74 ± 1% Trockenmasse-Verdaulichkeit.

Metabolische Erhaltungsenergie, 544 kJ(130 kcal)/kg0.75.Tag.

Winter 1980 38 ± 3 g/kg0.75.Tag freiwillige Futteraufnahme. Trockenmasse-Verdaulichkeit 81±2%.

Metabolische Erhaltungsenergie 425 kJ(101 kcal)/kg0.75.Tag.

Nach: R. G. White et al. (1984:194) Table 2

Die berechnete tägliche verdauliche Trockenmasse-Aufnahme (DMI) für Moschusochsen auf der Sommerweide betrug 49 g/kg0.75. Die tägliche Aufnahme von Stoffwechselenergie, bei dieser Futteraufnahme, betrug ungefähr 604 kJ/kg0.75 (144 kcal/kg0.75) und war 43% größer, als der Energiebedarf für Erhaltung im Winter von Moschusochsen, die man im Stall gefüttert hat (White et al. 1984b). - Holleman, D. F. et al. (1984:191)

 

Futter-Umwandlungs-Tüchtigkeit und Wachstumsraten zahmer Moschusochsen-Kälber

Von Kathleen Frisby, Robert White und Barbara Sammons, Institut für Arktische Biologie, Universität von Alaska, Fairbanks, in: Biol. Pap. Univ. Alaska Spec. Rep. Nr. 4:196-202 (1984)

Erhaltungsbedarf für Moschusochsen

 

1981

1982

Jahre, kombiniert

Protein g/Tag

76

88

83

DMI g/Tag

250

280

260

Energie MJ/Tag

6.25

7,05

6,67

DMI (g/Tag)

377

421

 

Gemäß unseren Daten nimmt der Moschusochse mit seinem Futter nur 45 bis 55 g/kg0.75 Trockenmasse auf. Das Schaf nimmt 80g/kg0.75 Trockenmasse am Tag auf, und das Rind 30 bis 60 g/kg0.75 (Stobo und Roy 1973). - Frisby, K. (1984:200) Tabelle 4.

Robert G. White und Mitarbeiter, am Institut für Arktische Biologie, an der Universität von Alaska, in Fairbanks, berichten in Biol. Pap. Univ. Alaska Spec. Rep. Nr. 4:205-206 (1984) Zusammenfassung, über die „Saisonbedingten Änderungen im Wasserstoffwechsel gefangener Moschusochsen“: Wasseraufnahme für Erhaltung von einjährigen Kälbern, die 90 bis 100 kg wiegen. Sie nahmen 5,5 Liter/Tag auf, bei einer Futteraufnahme von 1,9 kg Trockenmasse (DM)/Tag. Deshalb betrug der Mindestbedarf an Wasser für Erhaltung 2,88 Liter/kg DM oder 112 Liter/kg N. Das Rentier braucht im Winter etwa ebenso viel Wasser wie der Moschusochse (Cameron et al. 1982).

 

Vergleichender Wasserbedarf des Moschusochsen und des Rentiers

 

Moschusochsen

Rentier und Karibu

Aufnahme (Liter/kg Futter DM) Einjährige Kälber

2,9

2,9-3,6

Nach: R. G. White et al. (1984:206) Tabelle 1

J. Z. Adamczewski, R. K. Chaplin und Mitarbeiter, Universität von Saskatchewan, Saskatoon, Saskatchewan, Kanada,. In: Can. J. Anim. Sci. 74: 305-313 (1994) „Saisonbedingte Schwankung bei der Aufnahme und Verdauung einer Nahrung, reich an Ballaststoffen, durch Moschusochsen“:

Körpergewichte und freiwillige Futteraufnahme haben wir in 16 Versuchen von Ende März 1990 an bis Dezember 1991 überwacht, und zwar in vier Kühen, die jährlich kalbten und in drei Kühen, deren Gebärmutter entfernt worden ist. Das mittlere Körpergewicht der Kühe, die sich fortpflanzten, war im Februar und März am höchsten (248 kg) und nach dem Kalben Ende Mai oder Anfang Juni an niedrigsten (216 kg). Das mittlere Gewicht der Kühe, deren Gebärmutter entfernt worden ist, änderte sich wenig vom Höhepunkt von 228 kg im Februar-März bis zum Tiefpunkt von 213 kg im Juli.

Die sich fortpflanzenden Kühe nahmen durchschnittlich am meisten Trockenmasse im Juli und August auf (62 g/kg0.75.Tag). Dann wurde es immer weniger, bis es den niedrigsten Punkt im März und April erreicht hatte (41 g/kg0.75.Tag). Die Aufnahme der Trockenmasse der Kühe, deren Gebärmutter entfernt worden ist, schwankte nicht so sehr mit den Jahreszeiten. Sie betrug am Ende des Winters durchschnittlich 42 g/kg0.75 am Tag und 50 g/kg0.75 am Tag mitten im Sommer.

Futter von hoher Qualität ist nur kurze Zeit im Sommer verfügbar. Und 8-10 Monate im Jahr, wenn Schnee den Boden bedeckt, kommt der Moschusochse nur schlecht an sein Futter heran. Der Moschusochse kann dort nur überleben, weil er sich von diesem spärlichen Winterfutter ernähren kann... Hubert (1977) hat die Verdaulichkeit des Futters gefangener Moschusochsen in Alaska gemessen. Sie betrug 62-65%. Und von der Trockenmasse (DM), das frei liebende Moschusochsen auf der Devon Inseln aufgenommen haben, verdauten sie am Anfang des Winters 65% und im Sommer mindestens 75%.

White et al. (1984) haben festgestellt, dass das Brome-Heu eine hohe Verdaulichkeit (74%) hat. Und das gemischte, hochwertige Futter, das die jungen Moschusochsen im Winter dort freiwillig fraßen, verdauten sie bis zu 81%. Chaplin (1984) zeigte, dass 6 Monate alte Moschusochsen-Kälber Timothy-Brome-Heu besser verdauten, als ebenso schwere Lämmer (von Hausschafen).

Wir führten sechzehn Futteraufnahme-Versuche durch, und zwar ungefähr alle 4-6 Wochen, von März 1990 bis Dezember 1991. Wir benutzten sieben erwachsene (± 4 Jahre alte) Moschusochsen-Weibchen. Vier von ihnen kalbten jedes Jahr während der Zeit, wo wir sie untersuchten. – Adamczewski, R. K et al. (1994:305, 306)

Verdaulichkeit und Energieaufnahme. Weil die mittleren Körpergewichte bei all diesen Versuchen stabil waren, nahmen wir an, dass der tägliche Stoffwechsel-Energiebedarf (ME) für Erhaltung, in MJ, 0,82 mal DE Aufnahme beträgt (ARC 1980) und drückten dies in MJ kg0.75 aus. (1994:307)

Ergebnisse. Am meisten fraßen sie im Juli 1990 (66,0 g/kg0.75) und im August in 1991 (59.1 g/kg0.75). Im Herbst und Winter fraßen sie dann immer weniger. Am wenigsten im März 1990 (42,1 g/kg0.75) und im April 1991 (40,9 g/kg0.75). S. 308

 

Scheinbare Verdaulichkeit und Energieaufnahme

Im März und Juli war die Qualität des Futters sehr ähnlich, obwohl es im März etwas mehr Roheiweiß (CP) und mehr Fasern und Lignin (verholzte Teile) enthielt (Tabelle 3). Das Heu, das die Moschusochsen fraßen, enthielt immer mehr Protein und weniger Fasern und Lignin (verholzte Teile), als das Heu, das wir ihnen angeboten. Die Organische Masse (OM) verdauten sie im März bedeutend besser (73,8%), als im Juli (60,8%). Und auch das Roheiweiß (CP) und die meisten Fasern konnten sie im Winter besser verdauen (Tabelle 4).

Die Moschusochsen verzehrten im Juli 12,6% mehr als im März (44,6 statt 39,0 g/kg0.75). Aber da das Futter im Juli schlechter verdaulich war, war die schätzte Aufnahme von Stoffwechsel-Energie (ME) für Erhaltung bei beiden Versuchen ähnlich (0,441 statt 0,413 MJ/kg0.75 = 105 statt 99 kcal/kg0.75). Die Körpergewichte der Moschusochsen waren bei jedem Versuch stabil, aber das mittlere Körpergewicht war in März bedeutend höher (266 kg) als im Juli (253 kg). Die sechs Tiere wurden im April und Mai schwerer.

 

Mittlere scheinbare Verdauung und Aufnahme von Heu und Granulat-Nahrung

durch Moschusochsen im März und Juli 1991

Bestandteil

März Durchschnitt

Juli Durchschnitt

Trockenmasse %

70,8

56,4

Organische Materie %

73,8

60,8

Rohprotein %

75,9

54,6

Aufnahme    
DE (MJ/kg0.75 Tag

35,5

32,5

ME (MJ/kg0.75 Tag

29,1

26,7

DM (kg Tag)

2,58

2,84

DM (g/kg 0.75)

39,0

44,6

ME (MJ/kg 0.75

0,441

0,413

Körpergewicht (kg)

266

253

Nach: Adamszewski et al. (1994:310) Tabelle 4

Der Erhaltungsbedarf des Moschusochsen ist im Winter recht niedrig, wenn man ihn mit dem der meisten anderen Wiederkäuer vergleicht. Unsere Schätzungen ihres Erhaltungsbedarfs an Stoffwechsel-Energie (ME) und Trockenmasse (DM) im Winter sind vergleichbar mit denen von White et al. (1984a): 0,425 statt 0,441 MJ/kg0.75 (101,53 statt 105,35 kcal), 38 statt 39 g/kg0.75 am Tag, obwohl ihr Futter verschieden war. Ihr recht niedriger Bedarf an Energie, der große Darm, in den viel Futter hineingeht, und dass dieses Futter nur langsam durch den Darm hindurch geht, ermöglicht es den Moschusochsen, auch bei minderwertigem Futter zu gedeihen.

Trächtige Moschusochsen-Kühe fraßen im Winter etwa eben so viel, wie nicht trächtige Kühe und kastrierte Bullen. Aber im Sommer fraßen die Kühe, die gekalbt haben, wesentliche mehr. Die große Menge an Futter, die säugende Kühe aufnahmen, lag etwa 48% höher, als bei Moschusochsen, die sich nicht fortpflanzten. Dies zeigt uns, wie viel Energie es kostet, ein Kalb zu säugen, aber das zeigt uns noch nicht das volle Ausmaß. Das Körpergewicht der säugenden Kühe veränderte sich am Anfang des Sommers nur wenig, wie White et al. (1989) bei gefangenen Moschusochsen in Alaska festgestellt haben. Aber frei lebende säugende Moschusochsen-Kühe auf der Victoria Insel bauten ihr eigenes Körperfett schnell ab, wenn sie anfingen, ihr Kalb zu säugen (Adamczweski et al. 1992). - Adamczweski et al. (1994:310, 313).

 

Moschusochsen-Ernährung

(1 Joule = 0,2389 Kalorie. 1 Kalorie = 4,186 Joule)

544 kJ ME/kg0.75 Tag Erhaltung im Sommer (Adamszewski) = 129,957 kcal ME/kg0.75 Tag

DE x 0,82 = ME/kg0.75 Tag ARC 1980. (Adamszewski 1994:307)

101,529 kcal ME/kg0.75 Tag Erhaltung (White, R. G.)

105,351 kcal ME/kg0.75 Tag Erhaltung (Adamczewski, J. Z. et al. 1994)

38 g DMI/kg0.75 Tag Erhaltung (White, 1984)

39 g DMI/kg0.75 Tag Erhaltung (Adamsczewski, J. Z. 1994).

75,9% von CP verdaut im März (Adamsczewski, J. Z. et al. 1994)

220 kg Moschusochse = 57,124 kg 0.75 Stoffwechselgewicht

2,664 g DCP/kg0.75 Tag Erhaltung im Winter. Errechnet von: 39 g DMI/kg0.75 Tag Erhaltung. Im Winter 75,9% von CP verdaut (Adamcz.). 9% CP in Futter (Barrow-Wiesentundra) im Winter (Chapin III, F. S. 1975)

152 g DCP/Tag für 220 kg Moschusochsen im Winter für Erhaltung

ME (metabolische Energie) = 0,82 mal DEI (verdauliche Energieaufnahme)

425 kJ ME/kg0.75 Erhaltung in Winter = 101,529 kcal ME/kg0.75 Tag. -White, R. G.

= 38 g DMI/kg0.75 Tag

441 kJ ME/kg0.75 Erhaltung in Winter 105,351 kcal ME/kg0.75 Tag (Adamszewski. 1994)

= 39 g DMI/kg0.75 Tag

75,9% von CP verdaut im März, 54,6% CP verdaut im Juli

 

Moschusochsen auf der Victoria Insel

Wie viel Futter enthält die Weide des Moschusochsen auf der Victoria Insel? Und wie viel Rohprotein (Trockengewicht) enthalten diese Pflanzen während des langen arktischen Winters?

J. Adamczweski und P. F. Flood, Abt. für Tierärztliche Anatomie, Universität von Saskatchewan, Saskatoon. A. Gunn, Abt. für Erneuerbare Ressourcen, Regierung der Nordwest-Territorien, Coppermine, N.W.T. B. Laarveld, Abt. für Tierkunde, Universität von Saskatchewan, Saskatoon. In: Rangifer, 12 (3): 179-183 (1992) berichten über die „Saisonbedingten Änderungen im Gewicht, Zustand und Ernährung frei lebender und gefangener Moschusochsen-Kühe“:

„Die wilden Moschusochsen kalben mehrere Wochen, bevor der Schnee schmilzt. Und sie müssen dann ihr Kalb säugen, bevor es grünes Futter gibt. Das kostet sie viel Kraft. Damit sie sich fortpflanzen können, ist es für sie wichtig, dass sie einen großen Teil ihres Körperfettes bis zum Ende des Winters behalten. Bei gefangenen Moschusochsen-Weibchen erhöht sich das Körpergewicht am Ende des Sommers wieder schnell (White et al. 1989). Aber man weiß nur wenig über die saisonbedingten Änderungen der Körpervorräte in wilden Moschusochsen. Wir untersuchten das Gewicht und die Zusammensetzung des Körpers weiblicher Moschusochsen im Jahr 1989, auf der Victoria Insel, in den Nordwest-Territorien (NWT). Wir wollten herausfinden, wie sich im Laufe des Jahres das Futter und die Körperreserven der Kühe ändern, und wie sich diese Änderungen auf ihre Fortpflanzung auswirken, insbesondere, wenn sie am Ende des Winters anfangen, ihr Kalb zu säugen.“ Adamczweski, J. et al. (1992:179).

„Wir erlegten die Moschusochsen auf der Victoria Insel im April, Mai, August und November 1989, 1990, und im April und Mai 1991. Die Inuit Jäger schossen ungefähr 20 Moschusochsen, hauptsächlich erwachsene Weibchen und Kälber während jeder Sammlung. Wir ermittelten die Qualität der Nahrung in den wilden Moschusochsen, indem wir den Stickstoffgehalt (N) in gefriergetrockneten Proben des Panseninhaltes der Tiere untersuchten, die geschossen worden waren.“ Adamczewski, J. et al. (1992:179)

„Wir ermittelten den Gesamtwert für die Werte für die wilden Weibchen für jeden Monat (1989-91), weil sich dieser Wert in diesen Jahren nur wenig ändert (z. B. die Daten für den April in den Jahren 1989, 1990, 1991 haben wir zusammengelegt). Wir verglichen die saisonbedingten Werte für wilde und gefangene Weibchen in den verschiedenen Jahreszeiten. Die Qualität der Nahrung schwankte merklich mit der Jahreszeit auf der Victoria Insel. Sie erreichte ihren Höhepunkt im Juli, und dann sank sie schnell ab.“ Adamczewski, J. et al. (1992:180) (Abb. 1)

 

Prozent Rohprotein (Trockengewicht) im Panseninhalt

der Moschusochsen auf der Victoria Insel

Monat

Prozent Stickstoff

Prozent Rohprotein

April

2,509

15,682

Mai

2,400

15,000

Juli

5,454

34,091

August

4,254

26,591

September

3,491

21,818

November

2,673

16,705

Saisonbedingte Änderungen in der Qualität des Futters der Moschusochsen auf der Victoria Insel: % Stickstoff in gefriergetrockneten Panseninhalten. Nach Adamczewski, J. et al. (1992:180). Während der Wintermonate, von Anfang November bis Ende Mai, enthält das Futter des Moschusochsen auf der Victoria Insel etwa 15,852% (15,000-16,705%) Prozent Rohprotein (Trockengewicht). Der Moschusochse düngt mit seinem Mist und seinem Urin diese Weiden. Deshalb enthalten diese Weidegebiete viel mehr Protein, als die Polarwüste, die der Moschusochse überhaupt nicht oder nur sehr selten benutzt. Die Moschusochsen-Kühe auf der Victoria Insel, wenn 4 Jahre alt oder älter, wiegen von April bis Juni etwa 150-170 kg. Und von August bis November etwa 200-220 kg. – Adamszewski, J. et al. (1992:181)

Wie viel oberirdische Pflanzenmasse wächst auf der Victoria Insel. Das heißt, an den fruchtbarsten Stellen, wo der Moschusochse grast.

J. Adamczewski et al.: „Die wilden säugenden Kühe erlangten ihr Gewicht wieder, das sie im Winter verloren haben, sie nahmen im August schnell zu, während die nicht-säugenden Kühe den ganzen Sommer über an Gewicht zunahmen. Und im November waren sie eindeutig fetter. Die säugenden Kühe verloren viel schneller Fett, nachdem sie gekalbt hatten, als während sie trächtig waren... Die gefangenen Moschusochsen-Kühe waren das ganze Jahr über immer schwerer als die wild lebenden. Aber das mittlere Gewicht der 4 Zuchtkühe sank vom Höhepunkt im Winter von 250 kg auf 218 kg ab, nachdem sie gekalbt hatten." (1992:180).

"Im Laufe des Jahres ändert sich stark das Gewicht und der Ernährungszustand der wilden Moschusochsen-Kühe. Wie viel Fett sie haben, hängt davon ab, in welchem Zustand der Fortpflanzung sie sich befinden. Auch der Gehalt an Protein im Körper ändert sich stark im Laufe des Jahres, obwohl es keine klare Verbindung mit der Fortpflanzung gibt. Neu säugende Kühe verlieren mehr von ihrem Fett in den letzten 5-6 Wochen des Winters, als in den vorausgehenden 4-6 Monaten. Und die säugenden Kühe müssen schnell am Ende des Sommers und im Herbst wachsen, wenn das Futter nicht mehr so nahrhaft ist, wie Thing et al. (1987) herausgefunden haben.

„So ist das auch bei den gefangenen Moschusochsen in Saskatoon und auch in Fairbanks (White et al. 1989), obwohl die jahreszeitliche Schwankung sehr reduziert ist. Dieses Muster spiegelt vielleicht Prioritäten wider, die sich mit der Jahreszeit verändern: am Anfang (Mai-Juli) ist es am wichtigsten, dass das Kalb unterstützt wird. Dann muss das mütterliche Gewebe erneuert werden. Der Moschusochse kann sein Gewicht erhöhen, auch bei schlechtem Futter, weil er sein Grasfutter gut verdaut und weil sein Stoffwechsel niedrig ist (Adamczewski et al., 1991).“ – Adamczewski, J. et al. (1992:181)

„Nur wenige Moschusochsen-Kühe auf der Victoria Insel werden trächtig. Das zeigt uns, dass jetzt nur wenige Kühe jedes Jahr trächtig werden, obwohl das auch bei wilden Moschusochsen vorkommen kann. Dies zeigt uns vielleicht, wie viel Energie die Kuh braucht, um ihr Kalb zu säugen, besonders in den ersten Wochen vor dem Frühjahr, wenn ihre Fettvorräte schnell schwinden. Die säugenden Kühe erholen sich nicht so schnell, wie die nicht-säugenden, wenn sie an Gewicht zunehmen. Wenn sie in diesem schlechten Zustand sind, wenn das Futter dann auch noch im Herbst und Anfang des Winters schlecht ist, mag es sein, dass sie dann nicht trächtig werden oder nicht trächtig bleiben.“ - Adamczewski, J. et al. (1992:181)

 

Jährliche oberirdische Pflanzenproduktion

Wie viel oberirdische trockene Pflanzenmasse wächst jetzt im Jahr im Hohen Norden, wo Rentier und Moschusochse grasen? Was finden wir bei 70°-80°Nord?

J. Svoboda (1977:206) berichtet über die oberirdische Pflanzenmasse und die jährliche oberirdische Pflanzenproduktion auf der Victoria Insel. Er beschreibt sie als „Polare Halbwüste“:

Victoria Insel 71°N

Oberirdische Pflanzenmasse lebend

braun 124,0 g/m²

 

 

grün 41,9 g/m²

 

Produktion g/m² oberirdisch

31,3 g/m²

Ergebnis: Die jährliche oberirdische Pflanzenproduktion auf der Victoria Insel beträgt nur 31,3 g DM/m² im Jahr. Und diese fruchtbarsten Gebiete liegen nur an der Küste, im Tiefland. Im Tsavo Ost Nationalpark, in Kenia, Ostafrika, während der großen Dürre in den Jahren 1970-72, verhungerten die Elefanten und Nashörner mit vollem Magen. Weil dort nur etwa 200 g DM/m² im Jahr gewachsen war.

Rohprotein für Erhaltung

Der wild lebende Moschusochse ist Futter angepasst, das nur wenig Protein und viele Fasern enthält. Er kann sein Körpergewicht beizubehalten, wenn sein Futter mindestens 5% Rohprotein enthält (Trockengewicht), nicht 6 oder sogar 7% CP. Futter, das 3,5% Rohprotein oder weniger enthält (Trockengewicht), kann der Moschusochse nicht mehr verdauen. Im Winter braucht der Moschusochse weniger Futter, als im Sommer. Weil er dann auf Wintererhaltung ist. Sein Stoffwechsel ist dann niedriger. Er braucht dann Futter, das mindestens 3,6% Rohprotein (Trockengewicht) enthält.

Der Moschusochse braucht dann noch zusätzliches Protein (3,6-5,0% CP), das er dann aber nicht durch sein Futter bekommt. Er holt es sich dann aus seinem eigenen Muskelgewebe. Dadurch verliert er im Laufe des Winters 10-15% seines Körpergewichtes. Dieses Notfall-Protein, das der Moschusochse in Winter aus seinem eigenen Körper abbaut, ermöglicht es der Mikroflora in seinem Verdauungskanal, zu überleben und das Futter, das der Moschusochse gefressen hat, zu zerlegen und zu verdauen. Ohne dieses Notfall-Protein, das sich das Tier im Winter aus seinem eigenen Körper holt, würde die Mikroflora verhungern. Wenn die Mikroflora verschwunden ist, mag der Moschusochse vielleicht noch Futter fressen. Aber er kann es nicht mehr verdauen. Er wird dann mit vollem Magen verhungern.