Kapitel 1: Wie weit im Norden?

Wie weit im Norden hat man die Überreste des Bisons in Nordamerika und Sibirien gefunden? Was haben die Wissenschaftler jetzt darüber herausgefunden? In was für einem Klima hat er dort oben gelebt? Auf was für einer Pflanzendecke hat er im Hohen Norden gegrast?

Die gefrorenen Überreste des Steppenbisons hat man im nordwestlichen Nordamerika und Nordsibirien bis zu den Ufern des Eismeeres gefunden. In Nordsibirien hat man seine gefrorenen Überreste bis zu Kap Tscheljuskin, an der Nordspitze der Taimyr Halbinsel, gefunden, bei 77.5°N. Siehe dazu, bitte, auch die Landkarte mit dem spätpleistozänen Gebiet des Steppenbisons in Kahlke, R.-D. 1994:20. Der Bison hat dort auf zonaler Steppe und Waldsteppe, nicht auf arktischer Tundra, gelebt. In was für einem Klima lebt der Bison jetzt an der Nordgrenze seines Gebietes in Eurasien und Nordamerika?

Wie weit im Norden lebt der Bison jetzt? Oder wie weit im Norden hat er noch vor einhundert oder zweihundert Jahren gelebt, bevor der Mensch ihn dort ausgerottet hat? In was für einem Klima lebt er dort oben, an der Nordgrenze seines Gebietes?

Der Bison hat in historischer Zeit in Nordamerika und Eurasien an der Nordgrenze seines Gebietes in diesem Klima gelebt (oder lebt dort noch): 140 (120-160) Tage über 5°C, 90 (70-150) Tage über 10°C, 34.5 (27-47) kcal cm² mittlere jährliche Nettostrahlung an der Erdoberfläche, 1.700° (1.400°-2.000°) 10°C Temperatursumme, 17.0° (16-19) mittlere Juli Temperatur, 300 (250-350) mm jährliche potentielle Evapotranspiration (P.E.). Dort gibt entweder überhaupt keinen Permafrost oder nur vereinzelt auftretenden Permafrost an seiner Südgrenze.

In Eurasien liegt die Nordgrenze des Verbreitungsgebietes des Bisons jetzt etwa 1.700 (1.500-2.000) km weiter im Süden. Und in Nordamerika hat sie sich etwa 1.300 km weiter nach Südosten verschoben. In der Zeit des Wollhaar-Mammuts war der Steppenbison in Nordsibirien und Yukon/Alaska gewöhnlich das zahlreichste große Säugetier. Er hat dann „überall“ gelebt: in den großen Flusstälern, in den kleineren Gebirgstälern, und weiter oben, auf den Hängen und den Rücken der Hügel und Berge. Heute kann der Bison dort jetzt nur in einigen kleinen Gebieten, im fruchtbaren Tiefland leben.

 

Bison in Nordamerika, in historischer Zeit, seine Nordgrenze

Gebiet

Breitengrad

Nettostrahlung an Erdoberfläche, kcal/cm² Jahr

Ost Kanada, bis zum Ontario See

43°N

40

Michigan See, Huron See

43°N

40

Mittel Kanada, bis zum Norden des Winnepeg Sees, in Manitoba

54°N

35

NW Kanada, Westseite des Athabaska Sees, NW Alberta

58

30

NW Kanada, Großer Sklaven See, NWT

64

25

NW Kanada, SW Yukon Gebiet, eingebürgerte Waldbison Herde

63

25

Der Bison in historischer Zeit, an der Nordgrenze seines Gebietes, mit der jährlichen Nettostrahlung an der Erdoberfläche, in Nordamerika. In diesem Grenzgebiet kann der Bison gerade noch leben. Verbreitungsgebiet des Bison in Nordamerika in geschichtlicher Zeit, aus Yukon Bison Management Plan 1998 to 2003, July 1998. Und, Status report on Endangered Wildlife in Canada 1987, Dezember 1987. Jährliche solare Nettostrahlung an der Erdoberfläche, aus R.A. Bryson und F.K. Hare, Climates of North America, 1974. Die jährliche Nettostrahlung im nördlichen Verbreitungsgebiet des Bisons in Nordamerika liegt zwischen 25-40 kcal/cm². Ihr Durchschnitt beträgt 32,5 kcal/cm² im Jahr.

In der Zeit des Wollhaar-Mammuts haben große Herden des Steppenbisons im Nordwesten Nordamerikas gelebt (in Alaska, Yukon und den Nordwest Territorien) bis zum Strand des Eismeeres hoch, bis nach Barrow, in Nord Alaska, und der Baillie Insel (auf dem Kontinentalschelf), östlich vom Mackenzie Delta, in den Nordwest Territorien. Barrow hat jetzt eine jährliche Nettostrahlung von etwa 11 kcal/cm², und die Baillie Insel etwa 7 kcal/cm². Das nördliche Ufer des Großen Sklaven Sees liegt etwa 700 km südlich der Baillie Insel. Das Gebiet am Großen Sklaven See hat jetzt eine jährliche Nettostrahlung von etwa 25 kcal/cm².

Dies bedeutet: Als die großen Herden des Steppenbisons am Strand des Arktischen Meeres, bei 71° Nord, grasten, muss dort dann die jährliche Nettostrahlung an der Erdoberfläche mindestens 25 kcal/cm² betragen haben. Weiter im Süden in Nordwest Kanada, bei 60° Nord, muss die mittlere jährliche Nettostrahlung an der Erdoberfläche etwa 40 kcal/cm² betragen haben. In einem arktischen und subarktischen Klima ist das nicht möglich. Das Klima muss dort oben dann gemäßigt gewesen sein, ohne arktischen Winter.

Bison in Eurasien, in geschichtlicher Zeit, an seiner Nordgrenze

Gebiet

Breitengrad

Nettostrahlung an Erdoberfläche, kcal/cm² Jahr

E Sibirien, an Pazifikküste, westlich von N Japan

53°N

30

E Sibirien, im Quellgebiet des Lena Flusses

61

25

E Sibirien, östlich des Baikal Sees

53

28

Mittel Sibirien, südlich der Taimyr Halbinsel

58

26

W Sibirien, am Ob Fluss

57

30

NE Europa, südlich von Finnland, und in S Schweden

60

33

Der Bison in Eurasien, in geschichtlicher Zeit, an der Nordgrenze seines Verbreitungsgebietes, mit der jährlichen Nettostrahlung an der Erdoberfläche. In diesem Grenzgebiet kann der Bison gerade noch leben. Die jährliche Nettostrahlung an der Nordgrenze des Verbreitungsgebietes des Bisons in Eurasien liegt zwischen 25-33 kcal/cm². Der Durchschnitt ist 28,5 kcal/cm² im Jahr. Das Gebiet des Bisons in historischer Zeit, von V. G. Heptner 1966 p. 487, Landkarte, Abb. 132. Nettostrahlung aus World Survey of Climatology, 1A (1985) Landkarte Abb. 7, von A. Kessler, und von M.I. Budyko, Global Ecology 1980, Landkarte Abb. 7. Moskau.

Während der Zeit des Wollhaar-Mammuts haben große Herden von Steppenbisons in Nord Sibirien bis zu den Ufern des Eismeeres gegrast. In Mittel Sibirien, auf der Taimyr Halbinsel, hat man ihre Überreste bis zum nördlichen Teil der Taimyr Halbinsel, bis zu etwa 77°N, gefunden. Der nördliche Taimyr hat jetzt eine jährliche Nettostrahlung von etwa 5 kcal/cm² an der Erdoberfläche. Bis vor etwa 100-200 Jahren hat der Bison in Mittelsibirien etwa 2.240 km weiter im Süden gelebt. In Ostsibirien hat der Bison in historischer Zeit im Quellgebiet des Lena Flusses gegrast, bei 61°N. Vom Kap Tscheljuskin, an der Nordspitze der Taimyr Halbinsel aus liegt das etwa 1.900 km weiter südlich.

Das bedeutet: Als große Herden des Steppenbisons im Hohen Norden grasten, bis zu 77° Nord, zusammen mit dem Wildpferd und dem Wollhaar-Mammut, musste die mittlere jährliche Nettostrahlung an der Erdoberfläche dort dann mindestens 25 kcal/cm² betragen haben. Und weiter im Süden, nahe 60°N, muss die jährliche solare Nettostrahlung an der Oberfläche der Erde dann etwa 40 kcal/cm² betragen haben. In einem arktischen und subarktischen Klima ist das nicht möglich. Daraus schließe ich: Als der Bison in Nordsibirien, bis zu etwa 77°N, graste, muss das Klima dort oben gemäßigt gewesen sein, ohne arktischen Winter, ohne zusammenhängenden Permafrost.

Prärie-Bisons grasen im Sommer auf einer südkanadischen Bisonranch. Aus: Bison Pastures and Grazing Management (1998:5). Veröffentlicht von: Grazing and Pasture Technology Program (APT)