Kapitel 1: Das Jarkow Mammut

 

Das Jarkow Mammut auf der Halbinsel Taimyr, im nördlichsten Teil Nordsibiriens. Wo haben sie es gefunden? Wann hat es gelebt? Welchem Klima war es angepasst? Auf was für einer Pflanzendecke hat es gegrast? Und wie ist es umgekommen? Was haben einige der führenden Mammutexperten der Welt jetzt darüber herausgefunden?

 

Den folgenden Artikel hat Dick Mol auf dem Kongress The World of Elephants 1st International Congress, Rom, Oktober 16-20, 2001 gehalten. Und er wurde dann auch in dem Buch, The World of Elephants, Proceedings of the First International Congress, Rom 16-20 Okt. 2001 Seiten 305-309 veröffentlicht. Herausgeber: G. Cavarretta, P. Gioia, M. Mussi, M. R. Palombo. – I möchte hier kurz daraus zitieren:

 

Das Jarkow Mammut: 20,000 Jahre alter Kadaver

eines sibirischen Wollhaarmammuts Mammuthus primigenius (Blumenbach, 1799)

 

D. Mol, CERPOLEX/Mammuthus, Gudumholm 41, NL-2133 HG Hoofddorp, Die Niederlande, dickmol@worldonline.nl

 

Y. Coppens, Collège de France, 3, Rue d'Ulm, F-75005 Paris, Frankreich, yves.coppens@college-de-france.fr

 

A. N. Tichonow, Zoologisches Institut, Russische Akademie der Wissenschaften, Labor für Säugetiere, Universitetskaya nab. 1, 199034 St. Petersburg, Russland . tikh@at8162.spb.edu

 

L. D. Agenbroad, Nord Arizona Universität, Geologie Abteilung, Flagstaff 4099, Flagstaff, Az 86011, USA, Larry. agenbroad@nau.edu

 

R. D. E. MacPhee, Abteilung für Säugetiere, Amerikanisches Museum für Naturgeschichte, New York, New York 10024, USA, macphee@amnh.org

 

C. Flemming, Abteilung für Säugetierkunde, Amerikanisches Museum für Naturgeschichte, New York, New York 10024, USA, flemming@amnh.org

 

A. Greenwood, Abteilung für Säugetierkunde, Amerikanisches Museum für Naturgeschichte, New York, New York 10024, USA, macphee@amnh.org

 

B. Buigues, CERPOLEX/Mammuthus, 2, Avenue de la Pelouse, F-94160 Saint Mandè, France, b.buigues@mammuthus.org

 

C. de Marliave, CERPOLEX/Mammuthus, 2, Avenue de la Pelouse, F-94160 Saint Mandè, France, Ch.demarliave@polarcircle.com

 

B. van Geel, Institut für Biodiversität und Ökosystemdynamik, Fakultät der Wissenschaft, Universität von Amsterdam, P.O.BOX 94062, NL-1090 GB Amsterdam, Die Niederlande, vangeel@science.uva.nl Universiteit

 

G.B.A. van Reenen, Institut für Biodiversität und Ökosystemdynamik, Fakultät der Wissenschaft, Universität von Amsterdam, P.O.BOX 94062, NL-1090 GB Amsterdam, Die Niederlande, reenen@science.uva.nl

 

J. P. Pals, Archäologisches Zentrum, Universität von Amsterdam, Nieuwe Prinsengracht 130, NL-1018 VZ Amsterdam, Die Niederlande, j.p.pals@frw.uva.nl

 

DC. Fischer, Museum für Paläontologie und Abteilung für geologische Wissenschaften, Universität von Michigan, Ann Arbor. Michigan 48109-1079, USA, dcfisher@umich.edu

 

D. Fuchs, Abteilung für Geowissenschaften, Universität von Kalifornien, Santa Cruz, Kalifornien 95064, USA, Dlfox@emerald.ucsc.edu

 

Natuurmuseum Rotterdam, The Netherlands, website: http://www.nmr.nl/

 

 

Übersicht: Das Jarkow Mammut hat man 1997 auf der Halbinsel Taimyr, Sibirien, entdeckt. Die Überreste dieses 20.380 Jahre alten Wollhaarmammuts (Mammuthus primigenius) hat man im Winter im September/Oktober 1999 aus der gefrorenen Tundra ausgegraben. Den Kadaver und die Sedimente, die ihn umgaben, hat man mit schwerer Ausrüstung aus der Tundra heraus geholt. Den Block, in dem sich die Überreste des Wollhaarmammuts befinden, bewahrt man für wissenschaftliche Zwecke in einer Eishöhle in Chatanga, Taimyr auf. Wir haben die Überreste und Organismen untersucht, die wir aus den Sedimenten geborgen haben, um besser zu verstehen, wie das Wollhaarmammut vor 20.000 Jahre gelebt hat, und wie dieses Wollhaarmammut gelebt hat und wie es umgekommen ist.. Wir berichten hier über die Resultate dieser Forschungsarbeit am Jarkow Mammut, an der verschiedene Fachleute beteiligt waren.

 

 

 

Wo das Wollhaar-Mammut (Mammuthus primigenius) im Pleistozän Eurasiens und Nordamerikagelebt hat. Die Überreste des Jarkow Mammuts haben eingeborene sibirische Rentierhirten auf der Taimyr Halbinsel, nördlich der Stadt Chatanga, im mittleren Teil Nordsibiriens, gefunden. Auf der Landkarte ist das der nördlichste Teil im mittleren Teil Nordsibiriens. Karte aus: V. V. Ukraintseva, Vegetation Cover and Environment of the „Mammoth Epoch“ in Siberia (1993:26) Bild 6.

 

 

Geschichte

 

Am Sommer des Jahres 1997, hat eine Familie namens Jarkow vom Stamm der Dolganen (Nomaden, die auf der Halbinsel Taimyr, Sibirien, Russland leben), die Spitze eines Mammutstoßzahns gefunden, der 30-Zentimeter aus der Oberfläche der Tundra heraus ragte, ~ 12 Kilometer südlich des Flusses Bolschaja Balachnja (73°32' N; 105°49' E). Die Jarkows gruben den Stoßzahn aus. Und zu ihrer Überraschung, entdeckten sie auch den zweiten Stoßzahn. Beide Stoßzähne befanden sich noch in ihrer anatomischen Position, im Verhältnis zum Schädel. Während die Jarkows den Schädel ausgruben, beschädigten sie den Schädel, den Oberkiefer und den Unterkiefer. Auch diese befanden sich in ihrer relativen anatomischen Position zueinander. Nur die Stoßzähne haben sie entfernt; alle Knochen haben sie im Dauerfrostboden gelassen. Dieses Mammut, Mammuthus primigenius (Blumenbach, 1799) bezeichnet man jetzt als das Jarkow Mammut.

 

Eine Mannschaft von CERPOLEX/Mammuthus hat dann im Mai 1998 die Überreste des Schädels ausgegraben. Nahe beim Schädel befanden sich (1) ein kleines Stück Fleisch, (2) Haut und (3) eine große Menge Deckhaare und Unterhaare. Das hat man alles geborgen. Wir benutzten ein Radargerät, das den Boden durchdringt, um festzustellen, ob sich noch mehr Überreste dieses Mammut im gefrorenen Boden befinden. Nördlich vom Schädel konnten wir sofort Anomalien (Abweichungen) im Dauerfrostboden auf dem Monitor erkennen, der am Radar angebracht war. Wir nahmen an, dass diese Abweichungen bedeuten, dass sich dort noch weitere Überreste des Kadavers des Jarkow Mammuts befinden. Wir entschieden uns, diese Überreste dieses Kadavers auf ungewöhnliche Weise aus dem Dauerfrostboden zu holen: Im September/Oktober 1999, haben wir dann einen sehr großen Block des gefrorenen Sediments ausgegraben, in dem wahrscheinlich weitere Teile des Mammuts liegen.

 

Am 17. Oktober 1999 hat dann ein MI 26 Hubschrauber diesen 23 Tonnen schweren Block aus dem Loch in der gefrorenen Tundra auf der Taimyr Halbinsel herausgehoben Die gefrorenen Sedimente in diesem 13.5-m³ großen Block umschließen die Überreste des Jarkow Mammuts.

 

 

Stoßzähne und dritte Kauzähne

 

Die Stoßzähne des Jarkow Mammuts sind schön erhalten. Sie drehen sich spiralförmig und sind fast 3 m lang. Das zeigt uns, dass sie von einem erwachsenen männlichen Wollhaarmammut, Mammuthus primigenius (Blumenbach, 1799) stammen.

 

Maße des rechten Stoßzahns: 

Größte Länge (äußere Kurve), 294 Zentimeter

Durchmesser, 13,5-4,5 Zentimeter

Gewicht, 45 kg

 

Maße des linken Stoßzahns:

Größte Länge (äußere Kurve), 298 Zentimeter

Durchmesser, 13,5-14,6 Zentimeter

Gewicht, 47 Kilogramm

 

Die dritten Molaren (Kauzähne) in beiden Oberkiefern (M3, links und rechts) und im Unterkiefer (M3, links und rechts) sind erhalten. Die äußeren Teile dieser beider Kauzähne sind bis auf die Unterseite der Krone abgenutzt. Das Stadium der Abnutzung des M3 Kauzahns entspricht Laws Altersklasse XXV. Danach hatte das Jarkow Mammut ein Alter von etwa 47 ± 2 Afrikanischen Elefanten-Jahren (AEY), als es starb.

  

Radiometrische Daten

 

R. J. van de Graaff Labor, Utrechtuniversität, Die Niederlande, hat die Überreste des Jarkow Mammuts, welche die erste CERPOLEX-/Mammuthus Expedition (1998) ausgegraben hat,  radiometrisch mit der Accelerator Mass Spectrometry Methode (AMS) datiert. Die Ergebnisse dieser AMS-Daten sind wie folgt:

 

Laborzahl (Utrechtuniversität)

Radiokarbonalter

(14 C Jahr v.h)

Probe

UtC 8137

19910 +/- 130

Knochen

UtC 8138

20380 +/- 140

Haar

UtC 8139

20390 +/- 160

Haut

 

 

 

Expedition 1999

 

Im September/Oktober 1999 haben wir ungefähr 1 m² auf der Oberseite des Blocks draußen im Feld (an der Fundstelle) aufgetaut. Dafür haben wir ganz gewöhnliche Haartrockner benutzt. Dabei kam ein großer Teil des Oberhaars and Unterhaars des Jarkow Mammuts zu Tage. Wir erkannten, dass das Unterhaar sehr lang war: bis 12 Zentimeter. Wir waren uns darin einig, dass dieses Haar vom Winterfell des Mammuts stammen könnte.

 

Das Ziel der CERPOLEX-/Mammuthus Expedition 1999 war, den Block (mit den bekannten und möglichen Mammut-Überresten und dem gefrorenen Sediment, das sie umhüllte) aus dem Loch (an der Fundstelle) heraus zu holen. Dann wollten wir ihn in eine Eishöhle in der Stadt Chatanga, Taimyr, bringen, ungefähr 250 Kilometer weiter südlich von der Fundstelle. Wir entschieden uns, den gefrorenen Block in der Sicherheit der Eishöhle bei einer konstanten Temperatur von - 15°C zu entfrosten. Dabei wollten wir dann die Mammut-Überreste bergen und auch irgendwelche Mikro- und Makroorganismen, die in den Sedimenten (die den Kadaver umhüllten) eingeschlossen sind.

 

 

Bis jetzt entfrostete Überreste (Januar 2001)

 

Im Oktober 2000 begannen wir in der Eishöhle Chatanga mit dem Entfrosten. Wir unterteilten die Oberseite des Blockes (dessen Oberfläche etwas uneben ist), in 20 Abschnitte, jeder 55 x 55 Zentimeter groß. Die Abschnitte an den Rändern des Blockes sind viel kleiner. ... Bis jetzt haben wir mit den Haartrocknern die Abschnitte 1 und 16 etwa 25 cm tief aufgetaut. Alle Sedimente, die wir bis jetzt erforscht haben, enthielten Deckhaare und Unterhaare des Mammuts, sowie Makrofossilien von Pflanzen. Im Abschnitts 1 ist ein Teil einer Rippe und, im Abschnitt 16, sind vier Brustwirbel des Mammuts aufgetaucht. Drei dieser Wirbel befanden sich in der anatomischen Position. An keinem dieser Knochen befinden sich irgendwelche Weichteile. Jetzt wissen wir, dass der Kadaver nicht vollständig ist. Im Frühjahr 2001 wird die Mannschaft nach Chatanga zurückkehren, und den Fund weiter entfrosten.

 

 

Erste Sediment-Analyse

 

Mikrofossilien (Blütenstaub, pilzartige Sporen, Algen) und Makrofossilien (Früchte, Samen, Reste von Blumen, andere Pflanzenreste, Moose), hat man in den Sedimentproben an zwei Stellen gefunden, die man bis jetzt untersucht hat: eingebettet in den Haaren des Jarkow Mammuts und in den unteren Teilen des Blockes des Dauerfrostbodens. Die Überreste der Käfer und Chironomiden (kleine Mücken ohne Mundwerkzeug) aus dem Sediment wird man in naher Zukunft untersuchen.

 

Diese Fossilien sind ausgezeichnet erhalten, und in mehreren Arten vorhanden. Der Blütenstaub stammt vorwiegend von Poaceae (Gräsern), Wermut (Artemisia) und Papaver (Mohn). Auch Makrofossilien dieser Arten sind in unseren Proben vorhanden. Wenn man alle Funde berücksichtigt, zeigt uns das: Die Landschaft (in der das Jarkow Mammut dort gelebt hat), war eine Steppe, weil das Klima dort so trocken und kalt war. Außerdem zeigen die Blütenstaubdiagramme, die man vor kurzem aus Seeablagerungen an anderen Stellen der Taimyr Halbinsel gewonnen hat, dass die Pflanzendecke, die dort während des Höhepunktes der Weichsel-Eiszeit gewachsen ist, eine Steppe gewesen ist. Diese Daten stützen stark die theoretischen Betrachtungen R. D. Guthries zugunsten der ‚Mammutsteppe’ und widerlegen die Ansicht, dass das Mammut auf einer Tundra gelebt hat.

 

An einigen Stellen deuten auch Moose, wie Racomitrium lanuginosum Pogonatum, cf. P  urnigerum und ein Haar-Kappenmoos, das Polytrichum piliferum ähnelt, darauf hin, dass das Klima dort damals ziemlich trocken, sandig oder steinig gewesen sein muss, mit Anzeichen im Boden, die durch große Kälte entstanden sind, und auch Stellen, die Tiere verursacht haben, während sie dort herum trampelten und grasten. Wir betrachten die reichlich vorhandenen Sporen der pilzartigen Sporormiella, die im Dung lebt, als sicheres Zeichen dafür, dass dort Pflanzenfresser gelebt haben.

 

Einige der Mikrofossilien und Makro-Überreste deuten darauf hin, dass einige Stellen dieser Landschaft feucht gewesen sind (z.B., die Alge Pediastrum, die Moose Drepanocladus aduncus, Calliergon giganteum, Rhizomnium pseudopunctatum. Die Mischung der Pflanzen, die an feuchten und trockenen Stellen gewachsen sind, mag darauf hinweisen, dass Sedimente das Jarkow Mammut an einer tieferen Stelle die Landschaft bedeckt haben, an der diese unter feuchten Bedingungen wuchsen (offenes Wasser und feuchte Stellen). Die Überreste der Pflanzen, die an trockenen Stellen gewachsen sind, kann der Wind dorthin geweht haben. Da sie aber sehr gut erhalten sind, können auch Schlammströme sie dorthin gebracht haben. Das Jarkow Mammut kann durch Schlamm (Solifluktion) bedeckt worden sein, so dass das Mammut und die Pflanzen dort dann bald ständig gefroren blieben. Dick Mol et al. (2001: 305-309)

 

 

 

Provisorischer Zwischenbericht (vom 24-7-2000) über die paläökologische Analyse

von zwei Proben vom Fundort des Jarkow Mammuts

 

Bas van Geel, Jan. Peter Pals und Guido van Reenen, Universität von Amsterdam, Die Niederlande.

 

Eine sehr kleine Probe (JAR-1; ca. 0,5 cc) stammt aus einem Mammuthaar-Büschel. Diese Probe hat man bekommen, als die Oberfläche des gefrorenen

Blocks teilweise geschmolzen war. Die andere Probe (JAR-2; ca. 0,3 Liter) stammt aus dem Tunnel unter dem gefrorenen Block.

 

 

Mikrofossilien (Blütenstaub, Sporen, Algen) und Makrofossilien

(größere Pflanzenreste, Samen, Moose)

 

Die Blütenstaubspektren beider Proben werden durch Blütenstaub der Gräser, des Wermuts und des Papavers (Mohnblume) beherrscht. Auch große Teile dieser Pflanzen hat man dort gefunden. Die Pflanzen deuten auf eine Steppenvegetation hin ("Mammoth-Steppe"; Guthrie, 1990). Eine Tundra-Vegetation würde anders aussehen. Trockenheit ist eine Haupteigenschaft der Steppe. Deshalb muss die Menge des Niederschlags (Schnee im Winter) dort damals sehr niedrig gewesen sein. Dies passt gut mit der Tatsache überein, dass die Mammute nicht den Winter überleben könnten, wo eine hohe Schneedecke liegt.

 

In beiden Proben finden wir die Überreste der Algen Pediastrum  und Botryococcus  

Diese Algen deuten auf offenes Wasser hin. Das heißt, dass das Gebiet, das man

untersucht hat, an einigen Stellen feucht gewesen ist.. Dies zeigt uns, dass es dort eine

tiefer liegende Stelle (Mulde) gab, zu der die Tiere kamen, um zu  trinken. Beide

Proben enthalten erstaunlich viele Sporen der pilzartigen Sporormiella. Dieser Pilz

kann nur leben, wo es genug Tierdung gibt. Dass dort Dung vorhanden war, überrascht

uns nicht, weil an diese Stelle offensichtlich die Mammute und andere Tiere kamen

(um zu trinken).

 

Die Mikro- und Makrofossilien sind ausgezeichnet erhalten (auch die

Überreste der Insekten). Und die Pflanzen am Fundort sind gemischt, (sie stammen von

trockenen und nassen Stellen). Das mag darauf hindeuten, dass diese Stelle sehr

schnell von fließendem Schlamm bedeckt worden ist. Die Tatsache, dass

unausgereifte Blumen des Wermuts (Artemisia) gefunden wurden (Blütenstaub noch

in der Blume!), kann anzeigen, dass schnell fließender Schlamm das

Material im Sediment im Frühsommers bedeckt hat. Wenn Solifluktion

(Schlammfluss) stattfindet, taut die Oberfläche des Bodens auf, und die Oberfläche

des Bodens, der den noch gefrorenen Boden bedeckt, ist dann mit Wasser gesättigt.

Dieser Schlamm kann zu fließen anfangen. Er fließt dann bergab über den

gefrorenen Boden. Wenn der Schlammfluss eine tiefe Stelle in der Landschaft

erreicht, verlangsamt sich der Strom und der Schlamm bleibt dort liegen. Er kann

daher Pflanzen enthalten, die im Hochland gewachsen sind., aber auch die lokale

Algen. Der gefrorene Schlamm, der das Jarkow Mammut bedeckt, kann von

solch einem Schlammfluss stammen. Unter dem Einfluss des tiefen Dauerfrostbodens hat sich der untere Teil des abgesetzten Schlamms dann bald so weit abgekühlt, dass er gefror. So wurde er zu einem Teil des Dauerfrostbodens.

Und die Pflanzen und Tiere, die darin lagen, konnten nicht verwesen (sind

gezeichnet erhalten).

 

Nicht auf arktischer Tundra

 

Dick Mol, ein holländischer Mammutexperte, hat mir am 4. Februar 2001 eine englische Übersetzung eines Artikels über das Jarkow Mammut gesandt. Es wurde zuerst in den Niederlanden im NRC Handelsblad veröffentlicht. Dieses Mammut war ein gesunder Bulle, 47 Jahre alt, als er starb. Sie nannten ihn nach Herrn Jarkow, einem eingeborenen Rentierhirten vom Stammes der Dolganen, der ihn fand. Sie leben im südlichen Teil der Halbinsel Taimyr, im mittleren Teil Nordsibiriens. Sie fanden die Überreste dieses gefrorenen männlichen Mammuts etwa 150 Kilometer nordöstlich von Chatanga. Russlands größter Hubschrauber hat ihn dann am 17 Oktober 1999 zur Stadt Chatanga geflogen. Dort brachten sie ihn dann in eine unterirdische Dauerfrostbodenhöhle. Discovery Channel hat im Frühjahr 2000 die Ausgrabung und den Flug dann Millionen von Menschen in 146 Ländern gezeigt. Andere Netzwerke haben sie auch später in anderen Länder, auch in Deutschland gezeigt.

 

Was haben Wissenschaftler jetzt über dieses Jarkow Mammut herausgefunden? Wann hat es dort oben gelebt? In was für einem Klima hat es in den nördlichsten Teilen des mittleren Sibirien gegrast? Auf was für einer Pflanzendecke hat es auf Halbinsel Taimyr gegrast? War dieser haarige Elefant einem arktischen Klima angepasst? Hat er herauf dort auf arktischer Tundra oder Polarwüste gelebt? Hat er in Eis und Schnee gelebt, wie das Rentier und der Moschusochse heute? Hätte er dort oben genug zu fressen gefunden? Was haben Wissenschaftler jetzt darüber herausgefunden? Ich zitiere jetzt aus dem Artikel, den das NRC Handelsblad zuerst in den Niederlanden veröffentlicht hat, den mir Dick Mol am 4.  Februar 2001 geschickt hat:

 

 

Auf der Mammutsteppe

 

„Bas van Geel, arbeitet am Institut für Biodiversität und am Oekosystem Dynamica der Universität von Amsterdam. Er ist mit der Qualität der Moose, Samen, Blumen, Pollens, Pilzen und dergleichen, die sich erhalten haben, recht zufrieden. Er hat sie in einem Haarbüschel und im Eisblock gefunden, der das Mammut umgab. Er hat dieses Material zusammen mit seinen Kollegen Jan. Peter Pals und Guido van Reenen untersucht. 'Die Resultate weisen eindeutig auf eine Steppe hin und nicht auf eine Tundra, wie man das häufig beim Mammute denkt. Das Bild eines Mammuts, das eine verschneite Landschaft durchwandert, ist sehr hartnäckig.' Aber dieses Bild ist, gemäß Van Geel falsch, der die Vermutungen von Dick Mol bestätigt. 'In einem Winter mit einer hohen Schneedecke käme das Mammut nicht an sein Futter heran und es würde verhungern. Wir haben in größeren Mengen Pollen und Überreste von Gräsern gefunden, auch die kleinen Blumen des Wermuts (Artemisia). Dae sind typische Pflanzen, die auf der Steppe wachsen. Damals war es dort sehr trocken. Es gab dort fast überhaupt keinen Niederschlag, nicht einmal im Winter. Die Steppe könnte (im Winter) gefroren gewesen sein, aber die Nahrung war trotzdem zugänglich.'

 

„Das Jarkow Mammut hat vor 20.380 Jahren gelebt. Das bedeutet, dass es während der kältesten Periode der Letzten Eiszeit gelebt hat. In Nordeuropa erreichte die Eisdecke den mittleren Teil Dänemarks, den Norden Deutschlands und Nordwestrusslands. Das Gebiet östlich dieser großen Eisdecke, war ... nicht mit Eis bedeckt. Das bedeutet,, dass es im nördlichsten Teil Sibiriens keinen Schnee gegeben hat, auch nicht auf der Halbinsel Taimyr.

 

„Das Konzept einer 'Mammutsteppe' ist für Dick Mol und Bas van Geel nicht neu. Seit vielen Jahren diskutiert man schon darüber, ob Sibirien und Alaska während der Letzten Eiszeit von einer Tundra oder einer Steppe bedeckt wurden. Bereits 1990 schrieb der amerikanische Professor der Zoologie an der Universität von Alaska, R. Dale Guthrie, ein Buch, mit dem Titel, Frozen Fauna of the Mammoth Steppe. The Story of Blue Babe. In diesem Buch erklärt er die Geschichte der Entdeckung und der Forschung einer 36.000 Jahre alten Bisonmumie, Blue Babe. Er nennt sie so, wegen den blauen Mineralkristallen, mit denen sie bedeckt war. Er bringt auch viele überzeugenden Argumente, die zeigen, dass eine Steppelandschaft notwendig war, damit Mammute und andere pleistozäne Säugetiere dort überleben konnten.

 

„Van Geel erwähnt einige dieser Argumente: 'Tundren sind feucht und viele Tundrapflanzen wachsen nur an der Oberseite ihrer Zweige. Wenn Tiere diese Zweigspitzen abgefressen haben, dauert es lange, bis die Pflanze sich wieder davon erholt hat. Steppenlandschaften sind dagegen trocken, und dort wachsen viele Gräser, die sehr essbar sind, was man nicht von vielen Tundrapflanzen sagen kann. Außerdem wachsen die Gräser von ihren Wurzeln aus nach. Nachdem sie abgegrast worden sind, können sie leicht wieder weiterwachsen. Außerdem wird ihr Wachstum durch das Grasen angeregt. In der Tundra verursacht hoher Schnee ein Problem für Grasfresser. Es dauert Wochen, bis der Schnee weg geschmolzen ist. Deshalb können die Pflanzen dort erst spät im Frühjahr anfangen zu wachsen.’ Diese Tundrapflanzen erzeugen auch viel Humus. Und da es dort feucht ist, dauert es dort lange, bis er zerfallen ist, gemäß Van Geel.

 

„Diese dicke Humusschicht verhindert, dass die Sonne den Dauerfrostboden auftaut. Aber in der Steppe, sagt Van Geel, erwärmt sich und entfrostet sich der Boden schneller. Deshalb kann die Pflanze dort mehr Nährstoffe nutzen. Mammute und andere große Säugetiere regen diesen Vorgang an, indem sie Dung erzeugen, der auch viele Nährstoffe für die Pflanzen enthält. 'Man kann sich wirklich schlecht vorstellen, dass ein Mammut in der Tundra lebt.'

 

„Die botanische Forschung bestätigt deutlich, dass das Mammuts auf einer Steppe gelebt hat. Die Überreste der Algen Pediastrum und Botryoccus, die man gefunden hat, zeigen, dass dort Wasser vorhanden gewesen ist. Das heißt, dass einige Stellen feucht waren. Es muss eine Senke in der Landschaft gewesen sein, wohin Tiere kamen, um zu trinken. Die Tatsache, dass viele Pflanzenüberreste und Pollen so gut erhalten sind, bedeutet, gemäß Van Geel, dass Schlamm (solifluction) diese tiefer gelegene Stelle plötzlich bedeckt hat.

 

„‚Das geschieht, wenn im Frühjahr die obere Schicht des Bodens auftaut. Dann fließt dort der Schlamm in die tiefer gelegenen  Teile des Landes. Vielleicht war das Jarkow Mammut in solch einer Senke umgekommen. Das Mammut ist aber nicht vollständig erhalten. Deshalb kann das Mammut nicht in dem Augenblick umgekommen sein, wo es mit Schlamm bedeckt wurde. Jedenfalls muss der Schlamm dann sehr schnell durch den Einfluss des Dauerfrostbodens, der darunter lag, gefroren sein. Deshalb haben sich die Überreste der Pflanzen so gut erhalten.“ - Aus NRC Handelsblad  englische Übersetzung, die Dick Mol mir am 4.  Februar 2001 geschickt hat.

 

 

Klima von 80°Nord bei 70°Nord

 

Gemäß den C14-Daten hat das Jarkow Mammut im Südosten der Taimyr Halbinsel nahe 73°N gelebt, vor etwa 20 380 Jahren. Das heißt, während des Höhepunkts der letzten Eiszeit, in seinem kältesten Teil. Wie kalt wäre es dann dort oben im mittleren Teil Nordsibiriens gewesen?

 

Die amerikanischen Gletscherforscher G.H. Denton und T.J. Hughes (1981:443) berichten: Die letzte Eiszeit konnte in der nördlichen Hemisphäre nur beginnen, wenn es bei 70°Nord ebenso kalt war, wie jetzt bei 80°N. Die mittlere jährliche Oberflächentemperatur des See-Eises bei 80°N war damals weiter im Süden bei 70°N weit verbreitet. In diesem strengen arktischen Klima sollen die Eisdecken und die Eisdome Nordamerikas und Nord-Eurasiens entstanden sein. Wenn ja: warum wachsen dann diese Eisdecken und Eisdome auch jetzt nicht im Arktischen Ozean bei 80°N?

 

Während des Höhepunktes der letzten Eiszeit soll die Saiga Antilope im nordöstlichen Sibirien, in Nordalaska und im nordwestlichen Kanada, an der heutigen Arktischen Küste gelebt haben, und noch weiter im Norden, auf dem (jetzt überfluteten) Kontinentalsockel. In was für einem Klima hätten das Mammut und die Saiga Antilope dann an der heutigen Eismeer-Küste (bei 71-73°N) leben müssen, als es damals dort ebenso kalt war, wie jetzt bei 80°N?

 

Das heutige Klima an oder nahe 80°N auf trockenem Land, der Durchschnitt von 6 Stationen: Mittlere Juli Lufttemperatur 3.88°C. Jahresniederschlag 103,5 mm. 1,5 kcal/cm² mittlere Nettostrahlung an der Erdoberfläche im Jahr. Potentielle Evapotranspiration 25,4 mm. Höhe der klimatischen Schneegrenze 0 Meter (am Meeresspiegel). Mittlere jährliche Temperatur der Luft 17°C (ebenso wie die jährliche Lufttemperatur des See-Eises). Starker Dauerfrostboden und wachsende Eiskeile.

 

Die folgenden beiden Klimatabellen zeigen uns, wie warm es dann am Anfang der letzten Eiszeit nahe 70°Nord hätte sein müssen. Auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit wäre es dann noch kälter gewesen.

 

 

Klimatabelle für Kap Tscheljuskin.

Breite 77°43'N, Länge 104°17’E, m. Höhe über dem Meeresspiegel 6 m

 

Monat

Mittlere Luft-Temperatur (°C)

Mittlerer Niederschlag (mm)

Mittlere Windgeschwindigkeit (m/sec)

Anzahl der Tage mit Windgeschwindigkeiten  über 15 m/s

Jan.

-31.1

12

7.2

7.1

Feb.

-29.7

14

6.4

6.1

Mar.

-28.5

18

6.6

5.7

Apr.

-22.6

21

5.7

4.2

Mai

-11.2

24

6.1

3.4

Juni

-2.8

25

6.1

3.6

Juli

0.8

27

6.0

3.5

Aug.

0.6

28

6.2

2.8

Sept.

-2.9

24

6.7

4.5

Okt.

-10.3

21

6.6

6.1

Nov.

-22.6

16

6.9

4.8

Dez.

-27.4

14

7.6

6.6

Jahr

-15.6

294

6.5

97

 

Frostfreie Tage 0 im Jahr. Tatsächliche Verdunstung > 200 mm im Jahr.  Mys (Kap) Tscheljuskin ist der nördlichste Teil der Halbinsel Taimyr, im mittleren Teil Nordsibiriens. Es liegt ungefähr 620 Kilometer nördlich von Chatanga. Die Temperatursumme mit Tagen über 0°C beträgt am Kap Tscheljuskin nur 43.4°C im Sommer, im Juli und August.

 

 

Klimatabelle für Eureka, Breite 80°00'N,

Länge 85°56'W, m. Höhe über dem Meeresspiegel 2,4 m

 

Monat

Mittlere Luft-Temperatur (°C)

Mittlerer Niederschlag (mm)

Mittlere Windgeschwindigkeit (m/sec)

Jan.

-35.9

3.1

3.2

Feb.

-37.3

1.8

3.0

Mar.

-37.6

1.5

2.4

Apr.

-26.8

1.8

2.6

Mai

-9.7

2.8

3.8

Juni

2.7

3.3

4.8

Juli

5.7

15.5

5.1

Aug.

3.8

13.5

4.3

Sept.

-6.7

10.9

3.5

Okt.

-21.6

8.9

3.0

Nov.

-30.6

2.0

2.8

Dez.

-35.2

2.0

2.4

Jahr

-19.1

67.1

3.4

 

Diese Daten beruhten auf Aufzeichnungen während der Zeit von 1951-1960. Eureka liegt im Norden der Ellesmere Insel, westlich vom nördlichsten Teil Grönlands. Die Gesamtsumme von Tagen über 0°C beträgt dort oben 375.5°C. Es ist dort oben wärmer als am Kap Tscheljuskin, weil es kontinentaler ist. Aus: S. Orvig (1970: 242), Tabelle LVI.