Kapitel 2:  Steppe, Käfer und Klima

 

In was für einem Klima hat das Wollhaarmammut in Nordsibirien gelebt? Auf was für einer Pflanzendecke hat es dort oben gegrast? Was haben Wissenschaftler jetzt darüber herausgefunden?

 

Einige der führenden Experten der Welt glauben jetzt: Das Wollhaarmammut – auch das eben entdeckte Jarkow-Mammut und Hook-Mammut auf der Halbinsel Taimyr – haben in Nordsibirien während des Höhepunktes der Letzten Eiszeit gelebt. Es war dann dort oben sehr kalt und sehr trocken, viel kälter und trockener als jetzt. An der heutigeren Eismeerküste Nordostsibiriens soll die mittlere Julilufttemperatur während des späten Pleistozäns nur 0-4°C. betragen haben und der jährliche Niederschlag nur 100-200 mm. Im Winter soll das Thermometer dort oben manchmal bis auf -100°C gesunken sein.

 

Stimmt das? Hat man das jetzt wissenschaftlich bewiesen? Was zeigt uns jetzt die azonale Steppe auf den Südhängen? Welche Arten von Käfern leben jetzt in dieser azonalen trockenen Steppe? Und welche Arten von Käfern haben dort oben während der Zeit des Wollhaarmammuts gelebt? Was sagen sie uns über das Klima und die Pflanzendecke: jetzt und in der Vergangenheit?

 

A. V. Alfimow und D. I. Berman arbeiten am Institut für biologische Probleme des Nordens, in Magadan, Russland. Das ist im Fernen Osten Russlands, am Meer von Ochotsk. Sie berichten über ihre Entdeckungen in Quaternary Reviews  20 (2001) 127-134, unter dem Titel, „Das Klima Beringiens während des späten Pleistozäns und des Holozäns“:

 

„Hier zeigen wir wie man die fossilen Überreste der Käfer in der Rüsselkäferklasse Stephanocleonus gebrauchen kann, um das Klima des späten Pleistozäns und Holozäns zu rekonstruieren. Moderne ökologische Daten, die wir für diese Käfer im nordöstlichem Jakutien gesammelt haben, zeigen uns, dass sie sich nur von einigen Pflanzensorten ernähren, und dass sie nur in Gebieten leben, deren Klimabedingungen sehr eng umgrenzt sind.“ (2001:127).

 

In was für einer Umwelt und in was für einem Klima kann der Käfer Stephanocleounus leben?

 

Alfimow und Berman: „Die Gattung Stephanuscleonus umfasst mehr als 130 Arten. Die meisten diesen Arten leben in der Steppe und Bergsteppe Mittelasiens, in Kasachstan, Sibirien, Transbaikalien und der Mongolei (Ter-Minassian, 1988). Einige Arten dieser Gattung kennt man aus Nordamerika, auch die Arten, um die es hier geht (Ter-Minassian, 1979). Jetzt leben diese drei Rüsselkäferarten – Stephanocleonus eruditus Fst., S fossulatus F.W. und S. foveifrons  Chevr., in der Bergsteppe Südsibiriens und Mittelasiens. Außerhalb dieses Gebietes leben diese Arten in der Steppe in den Tälern am Oberlauf des Indigirka- und Janaflusses in Nordostsibirien, auf der Breite von 64-67°N. In diesen Gebieten leben sie mit einigen anderen Rüsselkäfergattungen, Bodenkäfern, Blattkäfern, und Laubhüpfern, usw. zusammen. Sie bewohnen auch die Steppe- und Bergsteppelandschaften. Nordostasien ist vom Hauptgebiet dieser Rüsselkäfer durch einen sehr großen Zwischenraum getrennt.“ (2001:127, 128).

 

Anmerkung: Der Rüsselkäfer ist ein kleiner Käfer. Sein Kopf ist lang und schmal. Er endet in einem langem Maul. Deshalb bezeichnet man ihn auch als „Rüsselkäfer".

 

„Die wichtigsten Steppegebiete in Tschukotien am Oberlauf der Jana- Indigirka- und Kolymaflüsse wachsen auf den Südhängen in den größeren Flusstälern. Diese Biotope (Wohngebiete) sind selten größer als ein paar Hektare. Diese kleinen Stellen in Nordost-Asien, auf denen jetzt Steppe wächst, wirken wie Fremdkörper, weil sie inmitten der Pflanzenwelt der nördlichen Taiga und sogar Tundra wächst.. Diese Steppengebiete sind die Relikte (stammen noch aus der) Welt des Pleistozäns. Obwohl diese Steppenbiotope so klein sind, sind die Steppegemeinschaften gegenüber äußeren Einwirkungen sehr beständig. Das Hauptgebiet dieser Arten ist die zonale Steppe und Gebirgssteppe Südsibiriens und Mittelasiens. Ebenso wie beim Rüsselkäfer, sind auch diese kleinen Steppengebiete im nordöstlichen Asien von den Hauptgebieten dieser Pflanzen durch einen sehr großen Zwischenraum voneinander getrennt

 

„Drei Rüsselkäferarten – Stephanocleonus eruditus, S. fossulatus und S. foveifrons  spielen in der Insektfauna der Reliktsteppebiotope eine wichtige Rolle. Die ersten beiden Arten beherrschen die wirbellose Fauna der Steppenbiotope; welches andeutet, dass sie sich in dieser Umwelt wohl fühlen und gut gedeihen. Die anderen sind dort recht selten. Das zeigte sich, als wir fünf Stellen näher untersuchten. Diese Steppe, die an den Südhängen im Tal des Nera Flusses wächst (rechter Nebenfluss der Indigirka, 30 km hinter der Stelle, wo er in die Indigirka mündet). Wir haben dort insgesamt 707 Rüsselkäfer in Fanggruben gefangen, und zwar von Juni bis September. Von diesen waren 445 (über 63%) S. fossulatus  und 120 (über 16%) waren S. eruditus  (Berman und Mordkowitsch, 1979)." Alfimow und Berman (2001:128)

 

"Wie auch alle anderen Käfer im Stamm der Cleonini, entwickeln sich die Larven der Art Stephanocleonus auf Pflanzenwurzeln. Strauchwermut (Artemisia gmelini) ist offensichtlich die Wirtspflanze für die Larven von S. fossulatus. Das ist eine ziemlich großformatige Artemisia-Sorte (Höhe ungefähr 50-60 Zentimeter). Standplätze dieser Sorte sehen normalerweise wie Gruppen einiger Sträucher aus. Artemisia gmelini besiedelt ein sehr großes Gebiet. Es umfasst die Mongolei, Nordchina und die südlichen Teile von West- und Ostsibirien. In den großen Tälern der Indigirka und Jana gibt es mehrere verschiedene steile Steilhänge mit A. gmelini Gemeinschaften.

 

„Wir schließen daraus, dass S. fossulatus und A. gmelini sehr aufeinander angewiesen sind. Auf den südlichen Steilhängen, die wir oben beschrieben haben, haben wir 97% von S fossulatus (432 Ex.) auf Stellen gefangen, auf denen A. gmelini wächst und 12 dieser Rüsselkäfer haben wir an Stellen gefangen, an denen eine andere Wermutsorten wächst, nämlich A. pubescens. An drei anderen Stellen, wo kein Wermut wuchs, gab es überhaupt keine Rüsselkäfer. ... Larven von S. fossulatus haben wir auch an den Wurzeln von einzeln wachsenden Sträuchern und an den Wurzeln von Sträuchern, die in Gruppen wachsen gefunden, aber immer nur innerhalb der Steppenbiotope. Nur selten haben wir einige Sträucher von A. gmelini außerhalb der Steppegemeinschaften gefunden. Aber die Rüsselkäfer, ihre Larven und ihre Außenskelett-Überreste haben wir dort nie gefunden. Stephanocleonus fossulaltus fehlt sogar in den flachen Senken, die mit Wiesensteppevegetation bewachsen ist, welche die mit Steppe bewachsenen südlichen Steilhänge voneinander trennen. Am Oberlauf der Indigirka ist S. fossulatus offensichtlich der Reliktsteppe angepasst.“ Alfimow und Berman (2001:128).

 

 

Stellen der Wetterstationen (Zahlen 1 - 8) und der Plätze, an denen sie die Überreste des Käfers Stephanocleonus gefunden haben, gekennzeichnet durch Sternchen. Die Zahlen 1 und 2 am Oberlauf des Indigirka- und Kolymaflusses zeigen, wo dieser Käfer noch heute auf steilen Südhängen lebt. Von A.V. Alfimov und D.I. Berman, "Beringisches Klima während des späten Pleistozäns und Holozäns" in Quaternary Reviews 20 (2001) 128, Bild 1.

 

 

 

 

Ein Rüsselkäfer- Aus New Encyclopaedia Britannica  Bd. 21 (1997:714).

 

 

 

Heutiges Klima an der Nordgrenze seines Gebietes

 

Jährliche 10°C Temperatursumme 1200°. Im N.O. Sibirien, bei 70°Nord jetzt nur 200-300° 10°C ts.

250-500 mm potentiale Evapotranspiration. Im N.O. Sibirien bei 70°N, jetzt nur etwa 125 mm.

30-40 kcal.cm²-Nettostrahlung an der Erdoberfläche. Im N.O. Sibirien bei 70°N jetzt nur 10-20 kcal.cm².

Mittlere Juli Lufttemperatur 16°C. Im N.O. Sibirien bei 70°N jetzt nur 4-10°C.

 

Von Paul E. Lydolf, Climates of the Soviet Union (1977) Bild 8-57; 9-47; 8-17, 8-32.

 

Nur in solch einem Klima konnte zonale Steppe und Waldsteppe in Nordostsibirien wachsen. Und nur in solch einem Klima konnte der Käfer Stephanocleonus fossulatus überall auf zonaler Steppe und Waldsteppe leben, auch auf dem flachen Boden, wie jetzt in Südsibirien und nicht nur an einigen südlichen Steilhängen. In einem arktischen Klima ist das nicht möglich.

 

Alfimow und Berman: „Die pleistozänen Überreste dieser Rüsselkäfer hat man überall in Nordostasien entdeckt. Stephanocleonus fossulatus und S. eruditus waren in dem riesigen Gebiet zwischen dem Lena Fluss und dem Anadyr Fluss weit verbreitet- Fossile Überreste von S. fovifrons  hat man am Unterlauf (= im nördlichen Teil) der Kolyma und der Indigirka und auf der Insel Aion gefunden (Kiselev, 1981). Diese fossilen Überreste beweisen, dass während des Pleistozäns mehr wirkliche Arten des Rüsselkäfers (aus Südsibirien) im nördlichen Küstentiefland des asiatischen Beringiens gelebt haben, die der wirklichen Steppe angepasst waren, als dort heute in den Reliktsteppebiotopen im ganzen Gebiet Nordostasiens leben. Während des Pleistozäns gab es mindestens 10 Stephanocleonus Arten (in Nordostsibirien) (von denen man 5 vorher nicht erkannt hatte) und zwei von ihnen (Stephanocleonus incertus T. M. und S. cf. anceps  Chevr.) hat man noch nicht (lebend) gefunden.“ (2001:128).

 

 

Der Steppen-Käfer Stephanocleonus eruditus Faust. Von S. V. Kiselev, Beetles in North East Siberia –During the Late Cenozoic  Nauka Press, 1981 Moskau S. 34 Bild 6 (auf russisch). Schräg schraffiert (westlich vom Baikalsee): wo dieser Käfer jetzt im südöstlichen Sibirien auf zonaler Steppe und Waldsteppe lebt. Leerer Kreis: wo dieser Käfer jetzt auf Südlichen Steilhängen auf azonaler trockener Steppe an den Oberläufen des Indigirkaflusses lebt. Kreise gefüllt mit schwarzen Dreiecken: wo sie die Überreste dieses Käfers in den spätpleistozänen  Sedimenten gefunden haben, aus der Zeit des Wollhaarmammuts.

 

Dieser Käfer lebt jetzt auf der Steppe und der Waldsteppe von Südsibirien, westlich von Baikalsee, bis zu über 54° Nord. Weiter im Nordosten, an den Oberläufen des Indigirkaflusses (gekennzeichnet auf Karte durch leeren Kreis), dieser Käfer lebt jetzt auf südlichen Steilhängen auf azonaler trockener Steppe. Dieses Insekt ist der Steppe, den Steppe-Pflanzen angepasst.  Es kann sonst nirgendwo leben.  Das heißt: dieser Steppekäfer lebt jetzt ca. 1820 Kilometer weiter südlich der Breite, von der Nordgrenze seines heutigen Gebietes auf zonaler Steppe und Waldsteppe an gemessen.

 

Im späten Pleistozän, während der Zeit des Wollhaarmammuts, hat dieses Insekt in nordöstlichem Sibirien, vom Lenafluss im Westen bis zum Anadir Fluss im Osten gelebt, mindestens bis zu 70° Nord. Es hat dort überall auf zonaler Steppe gelebt, auch auf dem flachen Boden, und nicht nur auf den steilen Südhängen. Während der Zeit des Wollhaarmammuts, war Nordsibirien mit zonaler Steppe und Waldsteppe bedeckt. Dies wird durch die großen Herden des Steppenbisons, des Steppenpferdes,  des Asiatischen Wildesels, der Saiga Antilope und in Yukon/Alaska durch zwei Arten großer Kamele bewiesen. Und das scheint mir auch zu beweisen, dass der Käfer Stephanocleonus fossulatus auch im nördlichsten Sibirien auf zonaler Steppe und Waldsteppe auf dem flachen Boden gelebt hat, und nicht nur auf den steilen Südhängen.. 

 

Klima des Steppe-Käfers Stephanocleonus-fossulatus  an der Nordgrenze seines heutigeren Nordgebietes in Ostasien, westlich von Baikalsee, wo er jetzt lebt. Und im N.O. Sibirien, bis zu 70°N, in dem dieser Käfer während des späten Pleistozäns gelebt hat, aber wo es jetzt nicht mehr leben kann, nicht einmal an den steilen Südhängen. Die nördlichste Stelle, an der dieser Käfer heute auf azonaler trockener Steppe auf steilen Südhängen leben kann, liegt am Oberlauf des Indigirkaflusses, weit im Süden.

 

 

Das Klima, in dem der Steppenkäfer Sephanocleonus eruditus Faust jetzt an der Nordgrenze seines zonalen Gebietes (auf Steppe und Waldsteppe) lebt, westlich vom Baikal See:

 

Nettostrahlung an der Erdoberfläche im Jahr 27 kcal.cm².

Mögliche Evapotranspiration 450 mm im Jahr.

Mittlere Juli Lufttemperatur 16°C.

10°C Temperatursumme 1200° im Jahr.

 

Aus Paul E. Lydolf (1977) Karten 7-17; 9-48; 8-32; 8-57.

 

Fachausdrücke erklärt: SDD: jährliche Temperatursumme über 0°C an der Erdoberfläche: bis zu 2500°C. und in einer Tiefe von 5 Zentimeter 2400°.

TDD = jährliche Summe der täglichen Lufttemperatur über 0°C.

 

„Die crioariden (= kalten, trockenen) Böden der Reliktsteppenbiotope auf den südlichen Steilhängen sind sehr trocken. Die Vegetation bedeckt dort 35-45% der Bodenoberfläche. Und sie taut bis 2,5-3,0 m tief auf. Die Haupteigenschaften des Temperaturregimes des Bodens auf den Rüsselkäferbiotopen am Oberlauf der Indigirka an der Erdoberfläche und in 5 cm Tiefe sind wie folgt:

 

„SDD bis zu 2500°C und 2400°C. Mittlere Julitemperatur bis 22-24°C und 20°C. Und maximale Temperaturen bis zu 58-62°C und 40-42°C (Berman und Alfimow, 1993). Die Temperaturen sind für eine subarktische Region bemerkenswert hoch.

 

„Die Temperatur der Reliktsteppenböden ist mit der eines typischen lichten Lärchenwaldes vergleichbar. Die SDD-Temperatur an den südlichen Steilhängen ist an der Erdoberfläche 2,5mal höher als in den anderen (flachen) Gebieten im nordöstlichem Sibirien. In einer Tiefe von 5 Zentimeter ist sie 3.6mal höher. Die charakteristische Bodentemperatur auf den südlichen Steilhängen ähnelt dort sehr der Bodentemperatur in den Bergsteppen Südsibiriens und Zentralasiens. Die Bodentemperatur ist dort so hoch, weil der Himmel dort oft ohne Wolken ist, weil die Luft dort sehr klar und sehr trocken ist, und weil dort nur wenig Niederschlag fällt. Das heißt, weil diese Bodentemperatur dort in einem hoch kontinentalen Klima entsteht.“ Berman und Alfimow (2001:129).

 

„Im Späten Pleistozän war der Meeresspiegel niedriger als heute. Deshalb lag damals die Eismeerküste mindestens 600-800 km weiter nördlich vom heutigen Unterlauf (dem nördlichen Teil) des Kolyma- und Indigirkaflusses und der Insel Aion. Der Arktische Ozean war damals wahrscheinlich das ganze Jahr über mit Eis bedeckt. (Borisow, 1970; Hopkins, 1982). Wir schließen daraus: Der wichtigste Unterschied zwischen dem spätpleistozänen und heutigen Klima bestand in diesem Gebiet in erhöhter Kontinentalität, nicht in niedrigeren Jahrestemperaturen. Diese erhöhte Kontinentalität entstand nicht nur durch den niedrigeren Meeresspiegel, sondern auch, weil ein großer Teil des Süßwassers in diesem Gebiet in Gletschern und im Bodeneis gefroren war.“ (2001:129, 130).

 

 

Der Steppen-Käfer Stephanocleonus fossulatus Faust. Von S. V. Kiselev, Beetles in North East Siberia –During the Late Cenozoic  Nauka Press, 1981 Moskau S. 34 Bild 6 (auf russisch). Schräg schraffiert (westlich vom Baikalsee): wo dieser Käfer jetzt im südöstlichen Sibirien auf zonaler Steppe und Waldsteppe lebt. Leerer Kreis: wo dieser Käfer jetzt auf Südlichen Steilhängen auf azonaler trockener Steppe an den Oberläufen des Indigirkaflusses lebt. Kreise gefüllt mit schwarzen Dreiecken: wo sie die Überreste dieses Käfers in den spätpleistozänen  Sedimenten gefunden haben, aus der Zeit des Wollhaarmammuts. 

 

Dieser Käfer lebt jetzt auf der Steppe und der Waldsteppe von Südsibirien, westlich von Baikalsee, bis zu über 54° Nord. Weiter im Nordosten, an den Oberläufen des Indigirkaflusses (gekennzeichnet auf Karte durch leeren Kreis), dieser Käfer lebt jetzt auf südlichen Steilhängen auf azonaler trockener Steppe.  Dieses Insekt ist der Steppe, den Steppe-Pflanzen angepasst.  Es kann nicht irgendwo anders leben.  Das heißt: dieser Steppekäfer lebt jetzt ca. 1820 Kilometer weiter südlich in der Breite, von der Nordgrenze seines heutigen Gebietes auf zonaler Steppe und Waldsteppe an gemessen.

 

Im späten Pleistozän, während der Zeit des Wollhaarmammuts, hat dieses Insekt in nordöstlichem Sibirien, vom Lenafluss im Westen bis zum Anadir Fluss im Osten gelebt, mindestens bis zu 70° Nord. Es hat dort überall auf zonaler Steppe gelebt, auch auf dem flachen Boden, und nicht nur auf den steilen Südhängen. Während der Zeit des Wollhaarmammuts, war Nordsibirien mit zonaler Steppe und Waldsteppe bedeckt. Dies wird durch die großen Herden des Steppenbisons, des Steppenpferdes,  des Asiatischen Wildesels, der Saiga Antilope und in Yukon/Alaska durch zwei Arten großer Kamele bewiesen. Und das scheint mir auch zu beweisen, dass der Käfer Stephanocleonus fossulatus auch im nördlichsten Sibirien auf zonaler Steppe und Waldsteppe auf dem flachen Boden gelebt hat, und nicht nur auf den steilen Südhängen.. 

 

Klima des Steppe-Käfers Stephanocleonus-fossulatus  an der Nordgrenze seines heutigeren Nordgebietes in Ostasien, westlich von Baikalsee, wo er jetzt lebt. Und im N.O. Sibirien, bis zu 70°N, in dem dieser Käfer während des späten Pleistozäns gelebt hat, aber wo es jetzt nicht mehr leben kann, nicht einmal an den steilen Südhängen. Die nördlichste Stelle, an der dieser Käfer heute auf azonaler trockener Steppe auf steilen Südhängen leben kann, liegt am Oberlauf des Indigirkaflusses, weit im Süden.

 

 

Der Steppen-Käfer Stephanocleonus foveifrons Chevr. Aus S. V. Kiselev, Beetles in North East Siberia During the Late Cenozoic Nauka Press, Moskau (1981:33) Bild 5 (auf russisch). Wo er jetzt auf zonaler Steppe und Waldsteppe in Südsibirien lebt, östlich und westlich vom Baikalsee. Und wo er jetzt weiter nordöstlich auf südlichen Steilhängen, auf azonaler trockener Steppe lebt (Oberlauf des Jana- und Indigirkaflusses). Und wo er im späten Pleistozän gelebt hat, während der Zeit des Wollhaarmammuts im nordöstlichen Sibirien, bis mindestens zur Insel Aion (70° Nord).

 

 

 

Der Steppen-Käfer Coniocleonus ferrugineus Fahr. Aus S. V. Kiselev, Beetles in North-East Siberia During the Late Cenozoic, Nauka Press, Moscow (1981:31) Bild 4 (auf russisch). Wo dieser Käfer jetzt im südöstlichen Sibirien lebt (schraffiert). Und wo er jetzt auf azonaler trockener Steppe auf steilen Südhängen in Nordsibirien lebt, von Westen nach Osten:  auf der südlichen Halbinsel Taimyr nahe Chatanga. An der Mündung des Lenaflusses; am Oberlauf der Jana- und Indigirka (leerer Kreis). Wo er im Späten Pleistozän in Nordostsibirien gelebt hat, von der Mündung des Indigirkaflusses bis zur Insel Aion an der heutigeren Eismeerküste, bei 70° Nord.

 

 

 

Der Steppen-Käfer Phyllobius crassus Motsch. Aus S. V. Kiselev, Beetles in North-East Siberia During the Late Cenozoic, Nauka Press, Moscow (1981:29) Bild 3 (auf russisch). Wo dieser Steppen-Käfer heute auf zonaler Steppe und Waldsteppe in südöstlichem Sibirien lebt (um den Baikalsee herum) (schraffiert). Wo er jetzt auf azonaler trockener Steppe auf südlichen Steilhängen am Oberlauf des Indigirkaflusses und am Wiljuifluss lebt, einem westlichen Nebenfluss der Lena, nordwestlich von Jakutsk (leerer Kreis). Und wo Phyllobius crassus  Motsch. im späten Pleistozän gelebt hat, während der Zeit des Wollhaarmammuts: im nordöstlichen Sibirien von der unteren Indigirka im Westen bis zur Insel Aion, an der Eismeerküste im Osten (bei 70°N).  Seine Überreste haben sie auch weiter südwestlich gefunden, nahe der Stelle, wo der Aldan in die Lena fließt, nördlich von Jakutsk.

 

„Die meisten Forscher (Budiko et al., 1992; Velichko, 1993) glauben, aufgrund allgemeiner Zirkulationsmodelle der Atmosphäre, dass der jährliche Niederschlag in Nordostasien während des späten Pleistozäns, 100-200 mm (oder 30-60%) (= durchschnittlich 45%) geringer gewesen ist als jetzt. Mit anderen Worten: Der jährliche Niederschlag am Unterlauf der Kolyma und der Indigirka vor 18.000-20.000 Jahren, ( = auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit) war sehr nah an dem heutigen Niederschlag des kanadischen arktischen Archipelago. Der Niederschlag in den trockensten subarktischen Regionen (z.B. im Yukon und am Oberlauf der Indigirka) liefern minimale Monatsmesswerte der relativen Feuchtigkeit von ungefähr 30-40%. Diese Werte liegen nah an denen, die für die trockene Steppe oder Halbwüste typisch sind.“ (2001:131).

 

An den steilen Südhängen: „In diesem sehr kontinentalen Klima sind die Temperatursummen für die Bodenoberfläche in den wärmsten Biotopen bis zu 2,0-2,2mal höher als die der Luft. Wenn der Rüsselkäfer im Späten Pleistozän am Unterlauf des Kolyma- und Indigirkaflusses und auf der Insel Aion dort damals nur auf den steilen  Südhängen gelebt haben, dann hatte die SDD Temperatursumme von ungefähr 2500°C (an der Erdoberfläche) (das Niveau, das notwendig ist, damit sich diese Käfer fortpflanzen können) dort nur entstehen können, wenn die TDD Temperatursumme (der Luft) mindestens 1000°C betragen hat.

 

„Im heutigen kontinentalen Klima in den inneren Teilen Nordostasiens, kann solch eine jährliche Summe täglicher Temperaturen über 0°C kann nur entstehen, wenn die mittlere Julitemperatur über 10-12°C liegt (Reference Book of USSR Climate, 1967). Unter kontinentalen Klimabedingungen, musste die mittlere Julitemperatur während des späten Pleistozäns am Unterlauf des Kolyma- und Indigirkaflusses (= nahe der heutigen Eismeerküste) und auf der Insel Aion (an der heutigen Eismeerküste ) daher mindestens 10-11°C betragen haben.

 

„Auf trockenen Terrassen ist die SDD Temperatursumme 15-18% geringer als auf den Südhängen (Alfimov, 1985). Deshalb konnte der Rüsselkäfer dort vor 18.000-20.000 Jahren nur leben, wenn die mittlere Juli-Lufttemperatur 12-13°C betragen hat, oder nur 1-2°C weniger als heute am Oberlauf dieser Flüsse (= viel weiter im Süden).

 

„Das heißt, vor 18.000-20.000 Jahren (= auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit) muss die Lufttemperatur am Unterlauf der Flüsse Kolyma- und Indigirka und auf der Insel Aion (an der heutigeren Eismeerküste) etwas doppelt so hoch gewesen sein wie heute (= die jährliche Temperatursumme über 0C).. Diese Rekonstruktion unterscheidet sich scharf von den meisten Rekonstruktionen, die man über das Klima des Späten Pleistozäns veröffentlicht hat. Fast alle Forscher (Avenarius et al., 1978; Budiko et al., 1992; Velichko, 1993), gehen davon aus, trotz der hohen Kontinentalität, dass die mittlere Julitemperatur an der heutigen Eismeerküste während des Späten Pleistozäns nur 0-4°C betragen hat.

 

„Aufgrund von quantitativen Sporen-Pollenanalysen, geht Klimanow (1995) davon aus, dass die Julitemperatur an der heutigen Eismeerküste westlich von Pewek (= östlich der Insel Aion) vor 11.000-12.000 Jahren und vermutlich auch während der Letzten Eiszeit, 2-6°C höher gewesen ist als heute, wegen der größeren Kontinentalität." (2001:131).

 

"Niedriger Bodenwassergehalt in den Rüsselkäferbiotopen ist ein anderes Argument zugunsten des sehr kontinentalen Klimas, mit warmen Sommern im Späten Pleistozän. Die Böden der südlichen Steilhänge am Oberlauf der Indigirka haben jetzt einen Wassergehalt von 5-6% (Alfimow und Berman, 1992). Daraus schließen wir, das auch der Wassergehalt der pleistozänen Rüsselkäferbiotope ebenso trocken gewesen ist. Solch ein trockener Boden bildet sich nicht in den Tundralandschaften. Heute, in einem kontinentalen Klima (K = 1,4) im trockensten Tundrabiotop des Beckens Amguema, beträgt die Bodenfeuchtigkeit mindestens 9-10% (Alfimov und Michailow, 1993).

 

„Die neueste Entdeckung der fossilen Überreste der Gattung Stephanocleonus  an der arktischen Küste (Insel Aion) sollten wir hier besonders erwähnen. Diese Fossilien hat man auf 1290 ± 200 Jahre vor heute (Kiselev, 1981) datiert. Wenn dieses Datum stimmt, ist das Klima auf der Insel Aion während der periglazialen Periode, bis vor 1.000-1.500 Jahren sehr kontinental gewesen ist. Und im Sommer war es damals wahrscheinlich ebenso warm wie heute am Oberlauf der Indigirka (= weit im Süden).

 

„Der Steppen-Rüsselkäfer Stephanocleonus hat sehr lange in Nordostasien gelebt. Das beweist, dass das Klima dort sehr stabil gewesen ist, im Vergleich mit anderen Regionen von Eurasien (Velichko et al., 1987; Bojarskaja, 1989). Daraus schließen wir: Die Stephanocleonus Rüsselkäfer haben lange in Nordostasien gelebt, weil es dort die ganze Zeit über genügend  brauchbare Mikrohabitate gegeben hat, trotz der globalen Änderungen.“ (2001:131).

 

„Die hohe Feuchtigkeit, zusammen mit hohen Temperaturen, führten dazu, dass die damals weit verbreiteten Steppen und Tundra-Steppen in Nordostasien verschwanden. Deshalb konnten dann danach nur noch Relikt-Steppen (= an steilen Südhängen) in den kontinentalsten Gebieten am Oberlauf der Flüsse Indigirka und Jana überleben. Alle oben genannten Schlussfolgerungen treffen in vollem Maße nur auf die Tiefebenen westlich der Chaun-Bucht zu (= östlich der Insel Aion bei 170°E). Das Klima vom mittleren Teil Beringiens, besonders die Beringlandbrücke, war vermutlich anders, obwohl sie dort während des Höhepunktes der Letzten Eiszeit 1500 Kilometer breit gewesen ist.

 

„Man hat dort die Tierwelt untersucht und festgestellt, welche verschiedenen Gruppen von Wirbellosen, die auf dem Land leben, dort vorhanden waren. Ihre heutige Verbreitung in Nordostasien und im nordwestlichen Nordamerika zeigte, dass Steppearten nicht auf der Beringlandbrücke während der kalten Perioden des Pleistozäns leben konnten (Berman und Alfimov, 1997). Bei 'Steppearten’ meinen wir Arten, die jetzt in der zonalen Steppe und Bergsteppe Südsibiriens, der Mongolei und Kasachstans leben, und auch in den relikten Steppebiotopen Nordost-Jakutiens. In diesen Gebieten liegt die SDD-Temperatursumme (mit Temperaturen über 0°C) über 2500°C. ... Das heißt, der Unterschied in der Juli-Lufttemperatur zwischen West- und Ostberingien betrug 4-5°C oder etwa 30%. Aber für die SDD-Temperatursumme (der Luft) der wärmsten Biotope betrug dieser Unterschied 1000°C oder 50°C (Bild 1a und B).“ A. V. Alfimov und D. I. Berman (2001:132)

 

„Die fossilen Überreste des Rüsselkäfers  Stephanocleonus beweisen eindeutig, dass er in einer Steppe gelebt hat, weil diese Rüsselkäfer nirgends wo anders existieren kann. Außerdem sind die Außenskelett-Überreste dieser Rüsselkäfer sehr zerbrechlich und würden zerfallen, wenn die Sedimente, in denen sie liegen, umgearbeitet werden. Das verringert die taphonomischen (= Beerdigungs) Probleme mit diesen Fossilien. Wir betonen, dass die strenge Beschränkung dieser Rüsselkäfer auf Steppenhabitate es uns erlaubt, um sie als zuverlässige Proxydaten für mikroklimatische Bedingungen zu verwenden. Sie dienen als Paläothermometer und Paläohydrometer... Diese Rekonstruktion zeigt uns, dass das Klima Westberingiens (= Nordostsibiriens) so warm war und die Bodentemperatur so hoch war, dass dort nicht nur Tundra-Steppe, sondern auch Steppe wachsen konnte. Im mittleren Teil Beringiens (= in der Beringstraße) ähnelten die Bodentemperaturen denen der heutigen typischen hypoarktischen Tundra.“ Alfimov, A. V. und D. I. Berman (2001:133).

 

 

Verteilung der mittleren Julilufttemperatur (A1, heute; A2, vor 18.000-20.000 Jahren. Aus A.V. Alfimov und D.I. Berman, "Beringian Climate during the Late Pleistocene and Holocene", in Quaternary Science Reviews 20 (2001) page 130, Bild 2. Die Sternchen zeigen die Stellen an, an denen man die fossilen Überreste von Stephanocleonus gefunden hat, gemäß Kiselv (1981).

 

Vor 18.000-20.000 Jahren, gemäß der Zeitrechnung der Geologen, das ist auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit. Damals soll  es dort während des ganzen Späten Pleistozäns am kälteste gewesen sein. Die Steppen-Käfer, die damals dort oben zusammen mit dem Wollhaarmammut gelebt haben, erzählen uns etwas anderes. Während der Zeit als es im nordöstlichen Sibirien am kältesten gewesen sein soll, ist es dort in Wirklichkeit viel wärmer gewesen als heute. Diese beiden Karten zeigen uns: Linke Karte: Heute hat die arktische Küste eine mittlere Julilufttemperatur von 8-10°C. Nur eine kleine Stelle, am oberen Fluss Anadir, nahe der östlichen Spitze Sibiriens, hat jetzt 10°C. Rechte Karte: Während des Höhepunkts der Letzten Eiszeit verlief die 12°C Isotherme viel weiter im Norden, sogar auf dem jetzt überfluteten Kontinentalschelf. 12°C mittlere Juli-Lufttemperatur: das ist an oder nahe der nördlichen Baumgrenze.

 

 

Verteilung der Bodentemperaturen innerhalb der Gegend des asiatischen Beringiens. B1 (linke Karte): SDD (= 0°C Temperatursumme an Erdoberfläche im Jahr) an den steilen Südhängen, in unserer Zeit. B2 (rechte Karte) SDD der südlichen Steilhänge vor 18.000-20.000 Jahren, auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit. Aus A.V. Alfimov und D.I. Berman, "Beringian climate during the Late Pleistocene and Holocene" in Quaternary Science Reviews 20 (2001) S. 130, Bild 2. Die Sternchen zeigen die Stellen an, an denen man die fossilen Überreste des Rüsselkäfers Stephanocleonus gefunden hat, gemäß Kiselv an (1981).

 

SDD bedeutet die jährliche Temperatursumme mit Tagen über 0°C an der Erdoberfläche. Der Rüsselkäferkäfer kann sich nur fortpflanzen, wenn die Temperatursumme über 0°C über 2500°C liegt. Und wenn die jährliche Summe der täglichen Lufttemperatur über 0°C über 1000°C (TDD) liegt. Diese beiden Karten zeigen uns: Vor 18.000-20.000 Jahren, auf dem Höhe der Letzten Eiszeit, ist es in Nordostsibirien doppelt so warm gewesen, wie jetzt, nicht kälter! Heute hat die arktische Küste Nordostsibirien eine SDD-Temperatur-Summe von weniger als 1000°C SDD (= an der Erdoberfläche). Auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit hat sie über 2000°C SDD betragen.

 

 

Ein Rüsselkäfer. Er hat jetzt seinem rüsselähnlichen Mund herab gesenkt. Aus Webster's New Collegiate Dictionary  (1977:1328).

 

 

Ergebnis

 

Auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit vor etwa 18.000-20.000 Jahren, gemäß der Zeitrechnung der Geologen, wuchs eine warme zonale Steppe in Nordostsibirien. Auf den südlichen Steilhängen wuchs trockene Steppe. Auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit betrug die mittlere Julilufttemperatur mindestens 10-11°C. Die jährliche Summe der täglichen Temperatur über 0°C (SDD) an der Oberfläche des Bodens, erreichte bis zu 2500°C. In dieser trockenen Steppe lebten verschiedene Arten des Rüsselkäfers Stephanocleonus während des Höhepunktes der Letzten Eiszeit, vor 18.000-20.000 Jahren: S. fossulatus, S. eruditus.

 

Artemisia gmelini ist ein Strauchwermut, 50-60 Zentimeter hoch. Er wächst auch in der Mongolei, in Nordchina und in den südlichen Teilen West- und Ostsibiriens.

 

Während des Späten Pleistozäns (= in der Zeit des Wollhaarmammuts) waren die Rüsselkäfer über ganz Nordostasien verbreitet. S. fossulatus und S. eruditus  lebten dann vom Lenafluss im Westen bis zum Fluss Anadir im Osten. S. fovifrons lebte am Unterlauf der Flüsse Kolyma und Indigirka (nahe der heutigen Eismeerküste) und auf der Insel Aion (an der heutigen Eismeerküste). Während des Pleistozäns haben mehr wirkliche Steppenarten des Rüsselkäfers (aus Südsibirien) im Küstentiefland des nordöstlichen Sibirien gelebt als jetzt. In Nordostsibirien war damals auch der flache Boden mit zonaler Steppe und Waldsteppe bewachsen. Deshalb haben die Rüsselkäfer dort damals auch auf dem flachen Boden auf zonaler Steppe und Waldsteppe gelebt, und nicht nur an einigen steilen Südhängen. Deshalb muss es damals (in der Zeit des Mammuts) in Nordostsibirien im Sommer ebenso warm gewesen sein wie jetzt in der Steppe Südsibiriens. Jetzt leben sie nur noch weit im Süden, am Oberlauf der Jana und Indigirka auf trockenen steilen Südhängen, auf denen kleine Gebiete mit azonaler Trockensteppe wachsen.

 

Die Südhänge, auf denen die Reliktsteppe jetzt wächst, sind sehr trocken. Sie enthalten nur 5-6 Prozent Wasser. Die trockenste Tundra enthält dort oben 9-10% Wasser. Die Vegetation auf den trockenen Südhängen bedeckt nur 35-45% des Bodens. Die Oberfläche dieser Südhänge taut am Sommer 2,5-3,0 m tief auf. Der gefrorene Boden unter der arktischen Tundra auf dem flachen Gelände taut nur ungefähr 55 Zentimeter tief im Sommer auf. Der gefrorene Boden auf dem Südhang taut am Sommer etwa 5mal tiefer auf, als auf dem flachen Boden. Das bedeutet: Zonale Steppe kann dort oben nur auch auf dem flachen Boden wachsen, wenn es dort im Sommer etwa 5mal heißer ist als jetzt. Denn nur dann könnte dort der Boden auf dem flachen Gelände im Sommer auch 2,5-3,0 m tiefer aufzutauen, statt nur 55 Zentimeter, wie jetzt in der arktischen Tundra.

 

Die heutige Temperatur auf den Südhängen: Die mittlere Julitemperatur an der Erdoberfläche beträgt dort bis zu 22-24°C. Und in einer Tiefe von 5 Zentimetern beträgt sie 20°C. Die mittlere Julilufttemperatur steigt dort nicht über 12-14°C. und die mittlere jährliche Summe der täglichen Lufttemperatur über 0°C liegt über 1200-1400°C (TDD). Die Julitemperatur auf der Oberfläche der Südhänge (SDD) in Nordostsibirien ist 2,5mal so hoch, wie auf dem flachen Booden. Und in einer Tiefe von 5 Zentimetern unter der Erdoberfläche, ist die Temperatur 3,6mal so hoch, wie auf dem flachen Boden.

 

Das heißt: Die trockene Steppe, mit ihren Rüsselkäfern, könnte nur dann in Nordostsibirien auch auf dem flachen Boden wachsen, wenn die Julilufttemperatur 2,5mal höher wäre als auf dem flachen Boden. Wie errechnet: 23 (22-24)°C x 2,5 = 57.5°C mittlere Julitemperatur an der Bodenoberfläche (SDD).

 

Auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit (vor 18.000-20.000 Jahren), muss Nordostsibirien, östlich des Lenaflusses und bis zur heutigeren Eismeerküste hoch, dann eine Oberflächentemperatursumme über 0°C von 2400-2500°C (SDD) gehabt haben, und eine mittlere jährliche Lufttemperatursumme über 0°C von 1100-1200°C (TDD). Nicht nur an einigen steilen Südhängen, sondern auch auf dem flachen Boden, auf dem zonale Steppe und Waldsteppe wuchsen. Die mittlere Julilufttemperatur, bis zur heutigeren Eismeerküste, musste dann oben dort mindestens 10-11°C betragen.

 

Die Eismeerküste lag damals etwa 600-800 Kilometer weiter nördlich. Und der Arktische Ozean war vermutlich das ganze Jahr über zugefroren. Der Jahresniederschlag in Nordostsibirien während des Späten Pleistozäns betrug etwa 100-200 mm (oder durchschnittlich 150 mm oder 30-60% = 45%) weniger als jetzt. Die Pflanzendecke, die dann dort oben wuchs, war eine Trockensteppe oder Halbwüste. Wie viel Futter hätte dann dort oben in einem arktischen Klima wachsen können? Hätte das Mammut dann dort oben genug zu fressen gefunden?

 

Ich habe jetzt eine neue Form der Pflanzen-Produktionskurve ausgearbeitet. Sie beruht auf drei Werten: (1) dem mittleren Jahresniederschlag (mm); (2) der mittleren oberirdischen Pflanzenproduktion im Jahr (gDM/m²). Ich habe diese beiden Werte in gDM.m²/mm im Niederschlag im Jahr zusammen gefasst. (3) die mittlere jährliche Nettostrahlung an der Erdoberfläche, in kcal.cm² im Jahr.

 

Das Tiefland von Nordost Jakutien liegt jetzt nahe der 10-15 kcal.cm².Jahr Linie. Nach meiner neuen Pflanzen-Produktionskurve erzeugt die 15 kcal.cm² Nettostrahlung an der Erdoberfläche bei 150 mm Niederschlag nur ungefähr 22,57 g DM/m² im Jahr. Und bei 10 kcal.cm² Nettostrahlung an der Erdoberfläche, nur ungefähr 15,7 g DM/m². Es ist recht zweifelhaft, ob dort das 100-kg schwere Rentier noch genug zu fressen fände.

 

Gemäß meiner anderen Pflanzen-Produktionskurve, die ich ausgearbeitet habe, benötigt das 3000-kg schwere Mammut mindestens 367 g DM/m². Das heißt: Mindestens 367 g DM/m² (oberirdische pflanzliche Trockenmasse) müsste dort mindestens im Jahr wachsen, damit dieses 3000-kg schwere Mammut genug zu fressen fände, als Untergrenze. Und das 5000-kg schwere Mammut könnte dort oben nur leben, wenn dort mindestens 569 g DM/m² wüchsen. Aber nur, wenn dieses Futter auch während des langen arktischen Winters genügend Protein enthält. – Wie viel Niederschlag bräuchten wir dann dort oben im Jahr in diesem arktischen Klima, um diese Futtermenge zu erzeugen?

 

Bei einer jährlichen Nettostrahlung von 10 kcal.cm² an der Erdoberfläche könnte dort nur 367 g DM/m² wachsen, wenn der Jahresniederschlag 3495 mm betrug! Und bei 15 kcal.cm² Nettostrahlung bräuchten wir einen Jahresniederschlag von 2438 mm!

 

Und die 596 g DM/m² würde dort oben jetzt nur bei einer Nettostrahlung an der Erdoberfläche von 15 kcal.cm² wachsen, wenn es 3869 mm Niederschlag im Jahr gäbe. Und bei 10 kcal.cm² Nettostrahlung bräuchten wir einen Jahresniederschlag von 5676 mm! In einem arktischen Klima ist das nicht möglich.

 

Die spätpeistozänen Rüsselkäfer am Unterlauf, am nördlichen Teil der Flüsse Kolyma und Indigirka und auf der Insel Aion (an der heutigen Eismeerküste) lebten auf den steilen Südhängen und auch auf dem flachen Boden auf zonaler Steppe und Waldsteppe. Diese Käfer benötigten dann eine Bodenoberflächentemperatur-Summe von 2500°C (SDD) und eine Lufttemperatur-Summe über 0°C von mindestens 1000°C (TDD). Das heißt, 1100-1200°C Lufttemperatur-Summe über 0°C. Die Boden-Oberflächentemperatur war 2,0-2,2mal (oder durchschnittlich 2,1mal) größer, als die Lufttemperatur.

 

Jetzt benötigen wir dort eine mittlere Juli-Lufttemperatur von 10-12°C, um 1000°C (Lufttemperatur-Summe über 0°C, TDD) zu erreichen. 1000°C TDD x 2,1 (2,0-2,2) = 2100°C auf flachem Boden. 1150 (1100-1200°C) x 2,1 = 2415°C Lufttemperatur-Summe (TDD) auf flachem Boden.

 

Das heißt: Die zonale Trockensteppe konnte nur in Nordostsibirien auch auf dem flachen Boden wachsen, wenn die jährliche Lufttemperatur 2100-2415°C (TDD) betrug.

 

Die großen Herden der Mammute, Steppenpferde, Saigas und Asiatischen Halbesel und Kamele beweisen, dass damals zonale Steppe und Waldsteppe in Nordsibirien und Yukon/Alaska gewachsen sind, auch aus den flachen Boden und nicht nur auf einigen steilen, gut entwässerten südlichen Steilhängen. Wie hoch muss dann dort oben die mittlere Lufttemperatur des wärmsten Monats gewesen sein, damit diese zonale Steppe dann auch aus dem flachen Boden wachsen konnte? Zum Beispiel an der heutigen Eismeerküste Nordostsibiriens und auf dem jetzt überfluteten Kontinentalschelf?

 

Der Rüsselkäfer konnte dort nur leben, sich fortpflanzen, als die mittlere Julilufttemperatur mindestens 10-12°C betrug oder durchschnittlich 11°C. Der südliche Steilhang, auf dem jetzt die azonale trockene Steppe wächst, ist 2,1mal (2,0-2,2) wärmer als der flache Boden.

 

11°C x 2,1 = 23.1°C

 

Das bedeutet: Zonale Steppe konnte nur in Nordostsibirien, an der heutigen Eismeerküste wachsen, als der wärmste Monat des Jahres mindestens 23.1°C betrug. Und nur dann, wenn auch der flache Boden oben dort im Sommer 2,5-3 m tief auftaut, wie jetzt an den südlichen Steilhängen. Daran kommt man nicht vorbei.

 

Während des Späten Pleistozäns lebten Rüsselkäferkäfer auch auf den trockenen Terrassen der großen Flusstäler. Dort war die Temperatur an der Oberfläche 15-18% geringer, als auf den Südhängen. Vor 18.000-20.000 Jahren, auf dem Höhepunkt der Letzten Eiszeit, bei 70° Nord, muss die mittlere Julilufttemperatur mindestens 12-13°C betragen haben. Weil sich der Rüsselkäfer nur dann dort oben fortpflanzen konnte. Vor 18.000-20.000 Jahren war die Lufttemperatur am Unterlauf (am nördlichen Teil) der Flüsse Kolyma und Indigirka und auf Insel Aion dann etwa doppelt so hoch wie jetzt

 

Viele der führenden Eiszeitexperten der Welt glauben heute: Während des Späten Pleistozäns hatte die heutige Eismeerküste Nordostsibiriens eine mittlere Lufttemperatur von nur 0-4°C. Die Südhänge am Oberlauf (im Süden) der Indigirka haben jetzt einen Wassergehalt von nur 5-6%. Und diese azonale trockene Steppe bedeckt jetzt nur 35-45% des Bodens. Die trockenste arktische Tundra hat dort oben jetzt mindestens 9-10%. Wasser. Das ist schon Halbwüste. In solch einem trocken Klima hätte nicht einmal der Bison leben können, geschweige denn ganze Herden von Elefanten.

 

Daraus schließe ich: Die zonale trockene Steppe konnte nur in Nordostsibirien auch auf dem flachen Boden wachsen, wenn die jährliche Lufttemperatur-Summe über 0°C damals 2100-2415°C oder durchschnittlich 2257°C (TDD) betragen hat. – Wie hoch ist jetzt die Luft-Temperatursumme über 0°C auf der zonalen Steppe Südsibiriens und in der Prärie Nordamerikas? Wie warm ist es dort jetzt im nördlichen Teil des zonalen Graslandes, und noch weiter südlich? Bei welchem jährlichen Niederschlag wächst dort jetzt dieses zonale Grasland? Ich habe einige Stellen in Südkanada und Südsibirien näher betrachtet:

 

 

Ein Rüsselkäfer frisst an einem Blatt. Er hat eine lange, rüsselähnliche Schnauze. Deshalb bezeichnet man ihn auch als Rüsselkäfer.  Aus der Encyclopedia Americana Bd. 28 (1996:573).

 

 

Südkanada

 

In Climates of North America  (1974), redigiert von R.A. Bryson und  F. K. Hare:

 

Lethbridge, Alberta, S.W. Kanada bei 49°38'N, 112°48'W, 280 m über dem Meeresspiegel.

Jahresniederschlag 439 mm. Jahrestemperatur 5.4°C. Mittlere Juli-Lufttemperatur 18.9°C. Die Summe der Lufttemperatur über 0°C ist dort 2279°C (TDD).

 

 

Calgary, Alberta, S.W. Kanada  51°06'N, 114°01'W. 329 m über dem Meeresspiegel. Jahresniederschlag 444 mm. Jahrestemperatur 3.6°C. Mittlere Julilufttemperatur 16.7°C. Die Summe der Lufttemperatur über 0°C beträgt dort 2282°C (TDD).

 

Regina, Saskatchewan, mittlerer Teil Südkanadas, bei 50°26'N, 104°40'W. 174 m über dem Meeresspiegel.

Jahresniederschlag 394 mm. Jährliche Lufttemperatur 2.2°C. Mittlere Julilufttemperatur 19.3°C. Die jährliche Summe der Lufttemperatur über 0°C beträgt dort 2573°C (TDD).

 

 

Südsibirien

 

Von Paul E. Lydolph, Climates of the Soviet Union (1977):

 

Nowosibirsk, Russland, Südsibirien 55°02'N, 82°54'E. Höhe über dem Meeresspiegel 162 m.

Jahresniederschlag 425 mm. Jahrestemperatur –0.2°C. Mittlere Julilufttemperatur18.7°C. Die jährliche Summe der Lufttemperatur über 0°C ist dort 2228°C (TDD).

 

Alma-Ata, Kasachstan, Südsibirien 43°14'N, 76°56'E. Höhe über dem Meeresspiegel 848 m. Jahresniederschlag 581 mm. Lufttemperatur 7.3°C. Mittlere Juli-Lufttemperatur 22.2°C. Die jährliche Temperatursumme über 0°C in dieser südsibirischen Trockensteppe liegt bei 3405°C (TDD).

 

 

Ergebnis

 

Der Durchschnitt dieser vier Gebiete im Norden der zonalen Steppe, des Graslands oder der Prärie (bei Lethbridge, Calgary, Regina und Nowosibirsk) hat eine jährliche Lufttemperatursumme über 0°C von 2345°C (TDD). – Für die zonale Steppe im nordöstlichen Sibirien, die auch auf dem flachen Boden wächst, habe ich 2100-2415°C errechnet. Das ist ziemlich nah. – Weiter im Süden, bei Alma Ata, erhöht sie sich auf 3405°C (TDD).

 

Mittlerer Jahresniederschlag dieser vier Gebiete 432 mm.

 

Durchschnittliche mittlere Julilufttemperatur im Norden der zonalen Steppe oder Prärie 8.4°C.

 

Dass heißt: Die warme zonale Steppe konnte nur in Nordostsibirien auch auf dem flachen Boden wachsen, als es dort oben ebenso warm war, wie jetzt weiter südlich, im nördlichen Teil der zonalen Steppe Südsibiriens und im nördlichen Teil der Großen Prärie Nordamerikas. Diese zonale Steppe konnte nur ihm Hohen Norden wachsen in diesem Klima wachsen:

 

Lufttemperatur-Summe über 0°C über 2405°C

Jahresniederschlag 432 mm

Mittlere Julilufttemperatur mindestens 18.4°C

 

In einem arktischen Klima ist das nicht möglich. Das beweist auch ganz klar, dass das Mammut keinem arktischen Klima angepasst gewesen ist. Es wäre dort elendig verhungert, verdurstet und erfroren. Alle gegenteiligen Behauptungen sind nur reines Wunschdenken. Sie haben nichts mit ernsthafter wissenschaftlicher Forschung zu tun. Die angenommene Anpassung des Mammuts an arktisches Klima ist nur ein frommer Mythus.