Kapitel 2: Heutiger Sibirischer Tiger

 

Zusammen mit den Tieren der Mammut-Nashorn-Fauna hat auch der Tiger gelebt. Seine oberpleistzänen Überreste hat man in N.O. China und in Russlands fernöstlicher Amur-Region, nahe der Pazifikküste gefunden. Der Höhlenlöwe Eurasiens und der Löwe Amerikas sahen aus wie eine Mischung aus Löwe und Tiger. Wo lebt der Tiger jetzt? Wie weit im Norden? In was für einem Klimas lebt er? Wo kann er jetzt leben und wo nicht?

 

V. G. Heptner, Professor der Biologie, an der Universität von Moskau und A. A. Sludskii, Zoologisches Institut in Alma Ata, in Kasachstan, haben den Tiger in der ehemaligen Sowjetunion erforscht. Sie Bericht in ihrem Werk Die Säugetiere der Sowjetunion Band III (1980):

 

„In Kasachstan und in anderen Teilen von West Sibirien ist der Tiger an verschiedenen Stellen erschienen. Sie kamen seltsamerweise aus dem Balchasch-Vorland und möglicherweise, von den Flüssen Tschu und Saryssu und aus dem Bereich des Saisan Sees.

 

„In Ostsibirien hat das Tier nie gelebt, oder es hat dort vor so langer Zeit gelebt, dass es dafür eine Beweise mehr gibt. Es hält sich in Transbaikalien und im Baikalvorland als Überwechsler auf.“ (1980:105)

 

„Recht charakteristisch war seine Verbreitung in Transbaikalien. Hier waren die Tiere nur Überwechsler. Sie kommen offensichtlich aus dem Großen Chingan in Ostchina und pflanzen sich nicht fort, auch wenn sie dort lange bleiben. Sie wandern meistens in die östlichsten und südlichsten Teile von Transbaikalien.“ (1980:111)

 

„Durch große, geschlossene Fichtenwälder wandert er (der Tiger) schnell (= bleibt dort nicht). Wenn das Wildschwein den Tiger in die Flusstäler und den Zedern-Kiefernwald lockt, jagt er die vielen Isubra-Hirsche (eine Art Rotwild) auf den abgebrannten Flächen. Der Tiger kann sich durch eine hohe Schneedecke und über eine nicht sehr harte Schneeoberfläche nur mit großer Mühe bewegen. Der Druck auf 1 cm² Pfotenoberfläche in Primorje beträgt 158 Gramm. Das ist der größte Fußsohlendruck von allen unseren wilden Katzen.

 

„Der Amurtiger kann niedrige Temperaturen recht gut ertragen. Er hat ein dichtes Haarkleid, und im Herbst setzt er Fett an. Die hohe Schneedecke (von mehr als 30 Zentimetern) und das Fehlen des Wildschweins, des Rehs und des Rotwildes, das damit zusammen hängt, ist offensichtlich der Hauptgrund, warum der Tiger nicht weiter nach Norden vorgedrungen ist. In Transbaikalien und im mittleren Amur-Gebiet, hat es bis zu 52° Nord, d.h. weiter nördlich gelebt, als in irgendeinem seiner anderen Gebiete. Die größte Höhe des Schnees in diesem Gebiet beträgt 20 Zentimeter, an einigen Stellen nur 10 Zentimeter. Nur auf den Bergrücken und auf den Vorbergen ist er tiefer als 30 Zentimeter." Heptner, V. G. et al. (1980:111, 133, 134)

 

"In Sichote-Alin (= östlich des Amurflusses und nördlich von Wladiwostok) tötet ein erwachsener Tiger und verzehrt in einem Jahr etwa 30 große Tiere zu je 100 kg. Eine Tigerin und ihre 3 Jungen verzehrten in 20 Tagen 280 Kilogramm Fleisch (Isubra-Hirsch, 150 Kilogramm; Wildschwein, 100 Kilogramm; junges Wildschwein, 20 Kilogramm; Moschus-Tier, 10 Kilogramm). Ein Wurf verzehrt in einem Jahr etwa 5040 Kilogramm Fleisch (Kaplanov, 1948).“ (1980:145).

 

 

 

Wo der Tiger ursprünglich in der früheren Sowjetunion gelebt at, Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, und wo er wahrscheinlich im Mittelalter (10-12. Jahrhundert) gelebt hat. (1) Wo der Tiger ständig lebt und wo man ihn oft angetroffen hat. (2) Wo man den Tiger nicht so oft angetroffen hat. (3). Die nördlichsten Stellen, an denen man ihn gesehen hat. Aus V. G. Heptner, Die Säugetiere der Sowjetunion (1980:95) Abb. 45.

 

 

 

 

 

Amur Tiger in Russlands Fernem Osten. Nach: Viktor Shiwottschenko, Wissenschaft in der UdSSR, Nr. 3, 1991, S. 95-97. Oben: Eine Amur Tigerin mit ihren beiden Jungen. Unten: Ein Amur Tiger ruht sich an einer felsigen Stelle aus, von wo aus er die Umgebung gut überschauen kann.

 

 

Heimatgebiet und Huftierbiomasse

 

Wie groß ist das Heimatgebiet der Amur-Tigerin, die Junge aufzieht? Wie viel Beutebiomasse muss in ihrem „Wochenbett“ an Beutebiomasse vorhanden sein, wo sie ihre kleinen Jungen aufzieht? Und in was für einem Klima wächst diese Beutebiomasse dort?

 

Prof. V. G. Heptner und Mitarbeiter: „Eine Tigerin mit Jungen, noch keine 2 Jahre alt, lebt, im Gegensatz zum alleine lebenden Tiger, in einem kleinen Bezirk. In Sichote-Alin hat eine Tigerin, mit ihren Jungen, in einem Gebiet gelebt, in dem es viele Huftiere gibt, und zwar vom 24. Dezember 1940 bis 15. Januar 1941, in einem Bereich von 5 x 3 Kilometern, den sie nicht ließ (Kaplanov 1948).

 

„Eine Tigerin mit Jungen, 2-3 Jahre alt, unternimmt bereits längere Streifzüge. Im Jahr 1957 am Oberlauf des Maiche-Flusses, hatte sich seine Tigerin mit 2 Jungen niedergelassen. Sie standen dann in ihrem zweiten Lebensjahr. Bis zum Frühjahr 1958 lebte sie auf einem recht kleinen Gebiet. Später haben diese Tiere dann ihren Aktionsbereich vergrößert. Und im Herbst des Jahres 1959 lebten sie auf einem ungefähr 50 x 60 Kilometer großen Gebiet (V. Abramov 1962).

 

„Im Laufe ihres Lebens hat die Tigerin 20 – 30 Junge. Und von diesen wird die Hälfte nicht älter als 6 Monate werden (Burton 1954). In der UdSSR gebiert eine Tigerin nur 10 – 15 Jungen (A. A. Sludskij)." Heptner, V. G. et al. (1980:147, 156).

 

Wie viel Beutebiomasse ist dort im nördlichsten Gebiet des Tigers in der Amur-Region vorhanden? Dort oben hat die Tigerin nur 10 – 15 Junge in ihrem Leben. Und von diesen wird die Hälfte nicht älter als 6 Monate. Wie viel Beutebiomasse muss dann im „Wochenbett-Gebiet“ der Amurtigerin vorhanden sein, wo die sesshafte Tigerin ihre kleinen Jungen aufzieht?

 

In Sichote-Alin tötet und verzehrt eine erwachsene Tigerin im Jahr etwa 30 große Tiere zu je 100 Kilogramm. Ihr Jungen verzehren in einem Jahr über 5040 Kilogramm Fleisch (ohne Knochen und Mageninhalt).

 

3000 kg = 30 Tiere von 100 Kilogramm Lebendgewicht im pro Jahr

5040 kg Fleisch für einen Wurf im Jahr

1512 kg für Knochen und Mageninhalt

9552 kg Beutebiomasse (Lebendgewicht) im Jahr.

 

 

 

Amur Tiger im Winter. Aus: Grzimeks Enzyklopädie (1988:580).